Keine Apotheken ohne Approbierte

BVVA: Wer will dann noch Apotheker werden?

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Berlin -

Ohne gut ausgebildete Fachkräfte in den Apotheken geht es nicht: Weder ließen sich Approbierte durch PTA ersetzen noch PTA durch anderes, nicht in der Apotheke ausgebildetes Fachpersonal, findet der Bundesverband der Versorgungsapotheker (BVVA). „Der Referentenentwurf ist nicht geeignet, um die sichere und qualifizierte Arzneimittelversorgung durch die Apotheken für die Zukunft zu sichern.“

Das formulierte Ziel des Gesetzes, ein flächendeckendes Apothekennetz mit persönlicher Vor-Ort-Beratung als Kern für die Arzneimittelversorgung der Bevölkerung zu erhalten und zu stärken, werde von einer Reihe von Regelungsvorschlägen konterkariert und ins Gegenteil verkehrt, so der BVVA in seiner Stellungnahme.

„Es entsteht der Eindruck, man möchte einen Systemwechsel im Apothekenwesen, jedenfalls weg von der inhabergeführten, heilberuflich tätigen Apotheke, vorbereiten. Davor möchten wir sehr eindrücklich warnen, denn derzeit erfüllen die Inhaberinnen und Inhaber der circa 17.000 Apotheken in Deutschland den heilberuflichen Auftrag, die Bevölkerung überall im Land mit Arzneimitteln zu versorgen und die Gesundheitsbelange der Menschen durch pharmazeutische Dienstleistungen zu fördern.“

Wolle man dies erhalten, müsse man festhalten, dass der Referentenentwurf eine Vielzahl von tatsächlichen Problemen in den Apotheken nicht adäquat adressiere und daher noch einmal grundlegend überarbeitet werden müsse.

Kein Bedarf für Zweigapotheken

„Wir bezweifeln, dass zusätzliche Zweigapotheken in dünn besiedelten Regionen mit niedriger Kundenfrequenz künftig tatsächlich betrieben werden. Es gibt ‚die Landapotheke‘, wie sie der Referentenentwurf wohl im Blick hat, nicht. Apotheken auf dem Land haben gerade mit langen Anfahrtswegen der Patienteninnen und Patienten und mit der Akquise qualifizierten Personals in besonderem Maße zu kämpfen, nicht jedoch damit, keine Zweigapotheke gründen zu können.“

Die geplanten Möglichkeiten seien „eher verlockend“ für Lagen in Ballungszentren und damit in Hochfrequenzlagen. „Dort wiederum braucht man sie jedoch nicht.“

PTA und Patienten nicht alleine lassen

Dass Apotheken durch erfahrene PTA geöffnet werden sollen, lehnt der BVVA ab. „Dieser Regelungsansatz verkennt, auch wenn er mit der Telepharmazie kombiniert ist, die immense Bedeutung der persönlichen Beratungs- und Versorgungsleistungen der Apotheken in der Fläche und gerade auch auf dem Land. Die Apotheke bietet dort mit ihren vorhersehbaren, stabilen Öffnungszeiten die niederschwellige Möglichkeit, einen kompetenten und hochqualifizierten Ansprechpartner zu gesundheitlichen Fragen zu erreichen. Das ist oft lebensrettend und entlastet zudem Arztpraxen und Notfallaufnahmen. Als erste Anlaufstelle übernehmen Pharmazeutinnen und Pharmazeuten im ländlichen Raum schon heute eine Lotsenfunktion.“

Patientinnen und Patienten sei es nicht zuzumuten, künftig ihre Krankheitssituation in jeder Lebenslage selbst einzuschätzen. „Ihnen muss unabhängig von der Wohnlage ein kompetenter, persönlich erreichbarer Ansprechpartner zur Seite stehen.“

Selbstredend seien die hochqualifizierten PTA eine große Stütze in der Patientenversorgung. „Es geht auch nicht darum, ihre Leistungen in Frage zu stellen. Man muss dennoch anerkennen, dass sich eine Vielzahl von pharmazeutischen Nachfragen erst aus dem Gespräch mit den Patientinnen und Patienten ergibt und es auch den PTA nicht zuzumuten ist, selbst zu entscheiden, wie einfach oder krisenhaft sich eine bestimmte Gesundheitssituation darstellt.“

Abwertung des Pharmaziestudiums

Mit Blick auf die Arzneimitteltherapiesicherheit und die situationsadäquate Beratung sei die erworbene pharmazeutische Qualifikation nicht wegzudenken. „Kann eine Apotheke künftig ohne Pharmazeutinnen und Pharmazeuten betrieben werden, erodiert der Kontrahierungszwang und dem folgend das Angebot von spezialisierten Versorgungen (wie die Heimversorgung, die Palliativversorgung und die Substitutionsversorgung) in der Fläche.“

Der BVVA warnt auch vor einer Abwertung des Pharmaziestudiums: „Analog zur Problematik, ausreichend Ärzte zu finden, die bereit sind, als niedergelassene Fachärzte auch unternehmerische Verantwortung zu übernehmen und sich auf dem Land niederzulassen, würden die vorgeschlagenen Regelungen dazu führen, dass auch das Führen einer Apotheke unattraktiv würde. Dies wiederum widerspricht jedweden Anstrengungen, den ländlichen Raum zu stärken und die dortigen Lebensverhältnisse zu stabilisieren, um Landflucht zu verhindern.“

Insofern sei ein Betrieb einer Apotheke ohne anwesende Pharmazeutinnen und Pharmazeuten „kein probates Mittel, um eine patientenorientierte Versorgung mit hohem Qualitätsanspruch bei gleichzeitiger Attraktivitätssicherung des Arbeitsplatzes Apotheke zu gewährleisten“.

Keine Quereinsteiger als PTA-Ersatz

Auch der BVVA weiß, dass qualifiziertes pharmazeutisches Personal gerade in den spezialisierten Apotheken fehle. „Dennoch halten wir es für den falschen Ansatz, den Begriff des -pharmazeutisches Personal zu ergänzen. Es bedarf gerade auch in der krankenhausversorgenden und der heimversorgenden Apotheke sowie in der auf Substitutionsversorgung oder Palliativversorgung spezialisierten Apotheke des pharmazeutischen Know-hows, um den jeweiligen tatsächlichen Herausforderungen gerecht zu werden.“

„Die durchgängig gewährleistete pharmazeutische Qualifikation derjenigen, die pharmazeutische Aufgaben in einer jeden Apotheke übernehmen, ist es doch, die die verlässliche Basis für die Arzneimittelversorgung erst abbildet. Dass Apothekerinnen und Apotheker ebenso wie ihre Mitarbeitenden in mg (oder noch kleiner) rechnen können, bedeutet auch, dass zum Beispiel Arzneimittelkonzentrationen mit einem Blick erfasst werden und selbstredend auch müssen.“

Apotheken unterschieden sich durch ihr pharmazeutisches Personal von allen anderen Abgabestellen. „Dieser Qualitätsstandard muss erhalten bleiben.“

Apothekenmarge auf Ramschniveau

Auch gegen die geplante Umverteilung des Apothekenhonorars – Fixum rauf, Marge runter – wendet sich der BVVA. Einerseits werde die Landapotheke von dem angedachten Vergütungsmodell ebenso wenig wie alle anderen Apotheken profitieren, da es hier gar kein Gefälle gebe. Während der Anteil an Hochpreisern durchweg bei circa 36 Prozent und damit weit über einem Drittel nach Umsatz liege, steige der Anteil bei spezialisierten Apotheken auf etwa die Hälfte aller abgegebenen Fertigarzneimittel.

Durch den geplanten Umbau sinke die Spanne von 3,1 auf 2,23 Prozent, womit Apotheken abgeschlagen hinter jeder anderen Branche liegen. „Die Apotheken in Stadt und Land werden das Vorfinanzierungsrisiko der hochpreisigen Arzneimittel nicht mehr tragen können.“ Nicht ohne Grund liefen Patienten heute schon mit Verordnungen über hochpreisige Arzneimittel von Apotheke zu Apotheke. „Das wirtschaftliche Risiko wird schlicht und ergreifend nicht mehr getragen. Vor diesem Faktum verschließt der Gesetzesentwurf die Augen.“

Der Apothekenaufschlag müsse für alle in der Apotheke abzugebenden Fertigarzneimittel so bemessen sein, dass die wirtschaftlichen Risiken davon gedeckt werden könnten und ein Gewinnanteil als Lohn der Apothekenleiterin oder des Apothekenleiters verbleibe. „Diesem zwingenden Ansatz, eine Apotheke überhaupt führen zu können, wird man nur gerecht, wenn der prozentuale Aufschlag anstelle einer Absenkung angemessen erhöht wird.“

Verhandlung ohne Erfolgsaussichten

Dass das Fixum ab 2027 verhandelt werden soll, lehnt der BVVA ab: „Die Abgabepreise der Fertigarzneimittel sind so strikt und engmaschig reguliert, dass es keine echten Verhandlungsspielräume für die Selbstverwaltungspartner gibt.“ Einerseits gehöre es zur Verantwortung des Gesetz- und Verordnungsgebers, „für die wirtschaftlichen Existenzbedingungen einer sicheren und in der Fläche vorhandenen Arzneimittelversorgungsstruktur für die Bevölkerung zu sorgen“.

Andererseits lasse sich dieser Anspruch per se nicht mit dem Wirtschaftsgebot, dem die Kassen unterliegen, „auf einen Nenner bringen“. „Unseres Erachtens gehört die künftige Erhöhung des Fixums daher auch weiterhin auf die Rechtsverordnungsebene, zumal die nun genannten Anpassungskriterien (Sicherstellung der Arzneimittelversorgung der Bevölkerung, Verbraucherpreisindex, Grundlohnsumme) nicht zwischen den Akteuren der Selbstverwaltung verhandelt werden können. Es ist nicht ihre Aufgabe, Systementscheidungen wie den Fortbestand und die Entwicklung des Apothekenwesens auf der Vergütungsebene zu treffen.“

Auf keinen Fall dürfe von einer „Anpassung“ die Rede sein, da nur eine „Erhöhung“ in Betracht kommen dürfe. „Klargestellt werden muss auch, dass § 78 Abs. 2 AMG unberührt bleibt.“

Keine Umwidmung von pDL-Rücklagen

Die Notdienstpauschalen zu erhöhen, sei notwendig und richtig. „Hier haben Landapotheken durch zunehmende Schließungen in der Tat eine besondere Belastung, weil sie zum Teil jede Woche Notdienst absolvieren müssen. Die zusätzliche Vergütung jedoch aus dem Topf der pharmazeutischen Dienstleistungen durch Umwidmung zu gewinnen, ist ein Fehler und muss korrigiert werden.“

Gerade weil weitere Leistungen vorgesehen seien, müsse für eine adäquate Vergütung gesorgt werden. „Dazu bedarf es des heutigen Vergütungsvolumens für die pharmazeutischen Dienstleistungen. Daraus folgt, dass die richtigerweise anzuhebende Notdienstpauschalenvergütung nicht aus dem Vergütungsvolumen für pharmazeutische Dienstleistungen umverteilt gehört.“

Einschränkung bei Grippeimpfung

Zustimmung findet die Ausweitung des Impfangebots auf alle Totimpfstoffe. Allerdings führe die Neuregelung auch dazu, dass eine Grippeimpfung nur noch nach Impfempfehlung durchgeführt werden dürfe und dadurch deutlich eingeschränkt werde: Während ein Rentner in der Apotheke geimpft werden dürfe, müsse jüngeren Menschen eine Absage erteilt werden, selbst wenn die entsprechende Impfung Satzungsleistung ihrer Krankenkasse sei.

„Das ist nicht ausreichend durchdacht und wird dem gewünschten Effekt, der Bevölkerung ein niederschwelliges Impfangebot zu unterbreiten, nicht gerecht. Wir setzen uns dafür ein, das Impfen für alle erwachsenen Personen für im Entwurf adressierte Impfstoffe in der Apotheke generell zu gestatten.“

Nachschlag bei Zuschlägen

Gar nicht bedacht worden sei im Referentenentwurf, dass die Apothekenzuschläge für Stoffe und für Zubereitungen aus Stoffen seit etlichen Jahren nicht mehr angepasst worden seien. „Rezepturzuschläge von 3,50 Euro zum Beispiel für das Herstellen eines Arzneimittels durch Zubereitung aus mehreren Stoffen bis zur Grundmenge von 500 g bilden den Herstellungsaufwand nicht ansatzweise ab.“

Dies gelte insbesondere dann, wenn die Krankenkassen die Zuschläge auch bei mehreren notwendigen Herstellungsvorgängen unter Berufung auf die aktuelle Regelung nur einmalig vergüteten. Ebenso wenig seien 8 Euro angemessen, wenn es etwa um die Anfertigung von Tabletten bis zur Grundmenge von 50 Stück oder Zäpfchen bis zur Grundmenge von 12 Stück gehe.

„Diese patientenindividuellen Anfertigungen von Arzneimitteln werden für Patienten, wie unter anderem Kinder benötigt, für die gerade keine Fertigarzneimittel verfügbar sind. Die letzten Jahre mit Lieferengpässen in so vielen verschiedenen Indikationen haben gezeigt, wie wichtig es ist, dass die Apotheken aus Ausgangsstoffen Arzneimittel herstellen und so versorgen können. Die Kosten der Herstellung und die angemessene Vergütung des dafür benötigten Personals in der Apotheke muss aus der Vergütung für die Herstell- und Versorgungsleistungen bezahlt werden können.“ Vor diesem Hintergrund müssten die Apothekenzuschläge angemessen angehoben werden.

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