Zulassungspflicht

Bundesverwaltungsgericht prüft Defekturprivileg

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Berlin -

Rezepturen und Defekturen sind bei Pharmafirmen nicht gerne gesehen – jedenfalls dann nicht, wenn sie als preiswerte Alternative zu Fertigarzneimitteln eingesetzt werden. Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) prüft am Donnerstag einen ungewöhnlichen Fall, in dem eine Apotheke sogar einen Erlaubnis des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) eingeholt hatte.

In dem Verfahren geht es um einen Atemtest zum Nachweis einer Helicobacter-Pylori-Infektion des Magens. Die Apotheke stellt entsprechende Kapseln mit 13C-Harnstoff her und liefert diese nach ärztlicher Verschreibung an Praxen und Krankenhäuser. Der Hersteller Infai, der einen ähnlichen Test als zugelassenes Arzneimittel vertreibt, ging gegen die Konkurrenz aus der Offizin vor. Aus seiner Sicht benötigt auch die Apotheke eine Zulassung.

Normalerweise hätte der Fall schnell entschieden sein können. Denn seit Ende der 1990er-Jahre wurden bereits zahlreiche Prozesse zu solchen Atemtests geführt; in der Regel setzten die Hersteller ihre Ansprüche auf wettbewerbsrechtlichem Weg durch. Bereits 2005 hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden, dass Rezepturen und Defekturen nur dann von der Zulassungspflicht befreit sind, wenn die wesentlichen Herstellungsschritte in der Apotheke stattfinden. Dies sei bei den Harnstoffkapseln nicht der Fall, weil die erforderliche 99-prozentige Anreicherung mit 13C-Isotopen nur industriell erzielen lasse.

Im konkreten Fall hatte sich die Apotheke allerdings Rückendeckung beim BfArM geholt: Im Juni 2012 stellte die Behörde auf konkreten Antrag hin einen Bescheid aus, demzufolge es sich bei den 13C-Harnstoffkapseln nicht um ein zulassungspflichtiges Arzneimittel handelt. Zur Begründung verwies das BfArM auf die Ausnahmeregelung für Defekturarzneimittel.

Nachdem Infai in erster und zweiter Instanz noch erfolgreich gewesen war, sah sich der BGH nun nicht mehr in der Lage, analog zu dem früheren Fall zu entscheiden: Der Feststellungsbescheid des BfArM stehe dem geltend gemachten Unterlassungsanspruch entgegen, weil er das beanstandete Verhalten ausdrücklich erlaube und der Verwaltungsakt nicht nichtig sei, heißt es im Urteil aus dem September 2013.

Parallel versuchte der Hersteller, als Drittbetroffener gegen den BfArM-Bescheid vorzugehen – allerdings bislang ohne Erfolg. Das Verwaltungsgericht Köln (VG) stufte zwar die Entscheidung des BfArM als „objektiv rechtswidrig“ ein; sah allerdings nicht, dass die Rechte des Herstellers auf unzumutbare Weise beeinträchtigt würden. Das Oberverwaltungsgericht NRW (OVG) vertrat sogar die Auffassung, die Klage sei bereits unzulässig: Die Vorschriften des Arzneimittelgesetzes (AMG) über die Zulassung seien allein öffentlich-rechtlicher Natur und vermittelten Dritten keine subjektiven Rechte.

Das BVerwG hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen. Allerdings hat die anstehende Entscheidung für den konkreten Fall kaum noch Auswirkungen: Das BfArM hatte im September 2015 den eigenen Bescheid kassiert und die Kapseln doch noch als zulassungspflichtiges Arzneimittel eingestuft. Vor Gericht einigte man sich schließlich auf einen Vergleich: Die Apotheke zog ihre Klage zurück und erklärte, die Defekturherstellung der Kapseln bis Ende 2019 einzustellen. Dem Hersteller nützte das also wenig: Im Frühjahr 2018 erklärte das BVerwG, dass die Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung hat. Sollten die Richter in Leipzig gegen die Apotheke entscheiden, würde dies die ohnehin gesetzte Frist nur noch um wenige Wochen verkürzen.

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