Diese Experten prüfen das Apothekenhonorar Lothar Klein, 09.03.2016 09:54 Uhr
Das Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) hat den Zuschlag für das Forschungsprojekt zum Apothekenhonorar erteilt. Die Unternehmensberatung 2hm & Associates wird am 21. April ein Konzept zur „Ermittlung der Erforderlichkeit und des Ausmaßes von Änderungen der in der Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV) geregelten Preise“ den beteiligten Kreisen und Ressorts präsentieren. Das Unternehmen mit Sitz in Mainz ist bislang im Gesundheitsmarkt weitgehend unbekannt.
Im Rennen waren drei Anbieter. 2hm erhielt jetzt den Zuschlag. „Das Vergabeverfahren wurde in der Zwischenzeit abgeschlossen. Die beteiligten Anbieter wurden entsprechend informiert“, bestätigte das BMWi. 2hm werde mit seinen Arbeiten zum 1. April 2016 beginnen. Geleitet wird das Forschungsprojekt bei 2hm von Diplom-Psychologin Iris an der Heiden.
2hm habe den Zuschlag wegen seines „wissenschaftlich-methodischen Ansatzes“ und seiner Neutralität im Apothekenmarkt erhalten, sagte an der Heiden gegenüber APOTHEKE ADHOC. Außerdem habe es zu den verschiedenen Interessengruppen in der Vergangenheit noch keine Berührungspunkte gegeben.
2hm werde vorhandene Daten zum Apothekenmarkt auswerten und gegebenenfalls zusätzliche eigene Daten zur Kostenstruktur in der Apotheke erheben, so an der Heiden. Orientieren werde man sich am bestehenden Honorarsystem. Das gegenwärtige System basiere auf den Wirtschaftsdaten einer durchschnittlichen Apotheke, das die großen Unterschiede nach Regionen, Standorten und Wirtschaftlichkeit nicht widerspiegele: „Es ist daher nicht sinnvoll auf dieser Basis zu diskutieren“, kündigte an der Heiden einen breiteren Forschungsansatz an.
Ziel des Forschungsprojekts sei die Entwicklung einer Datenbasis, die eine differenzierte Betrachtung und Bewertung der wirtschaftlichen Lage von Apotheken erlaube. An der Heiden lies offen, ob es zum Abschluss eine konkrete Empfehlung für die Anpassung des Apothekenhonorars von 2hm geben wird. Das sei nicht Auftrag des Forschungsvorhabens.
Bereits gearbeitet hat 2hm für die Pharmaindustrie. Marktanalysen und Analysen zur Kundenzufriedenheit wurden etwa für Abbott, Sanofi, DePuy (J&J), Roche, R-Biopharm und Merz durchgeführt. Tätig war 2hm zudem für Rossmann, Ikea, Henkel und Infineon. Auch der Verband der Diabetesberatungs- und Schulungsberufe in Deutschland (VDBD) gehört zu den Kunden.
Im Auftrag des BMWi hat 2hm eine Studie zur Pflegewirtschaft und zum Sportstättenbau erstellt. Zu den Kunden zählt auch das Bundesinnenministerium und die Automobil-Industrie. 2hm wurde 1999 von Professor Dr. Frank Huber, Professor Dr. Andreas Herrmann und Frank Meyrahn gegründet. Das Unternehmen beschäftigt heute 45 festangestellte Mitarbeiter und ist weltweit mit Kooperationspartnern vernetzt.
Im vergangenen Herbst hatte das BMWi das Forschungsprojekt zum Apothekenhonorar öffentlich ausgeschrieben. Demnach soll geprüft werden, ob und in welchem Ausmaß Änderungen „aller in der AMPreisV geregelten Preise und Preiszuschläge für verschreibungspflichtige Arzneimittel“ nötig sind. Auch die wirtschaftlichen Folgen und die praktische Anwendung des Konzeptes sollen untersucht werden.
Darüber hinaus sollen auch alternative Berechnungswege für die Anpassung der einzelnen Preise und Preiszuschläge dargestellt werden. Dabei soll von den bestehenden Preisregelungen ausgegangen werden. Tierarzneimittel sind ausgenommen. Im Einzelnen sollen die gesetzlichen Vorgaben und Rahmenbedingungen erfasst und die zur Anpassung der Preise nötigen Daten erhoben werden. Die Laufzeit des Projektes ist auf 18 Monate angelegt.
Das Projekt wird von einem Beirat begleitet. Dort ist auch die ABDA vertreten. Die Aufgabe dieses Beirates soll sein, das Forschungsprojekt beratend zu begleiten. Geplant sind regelmäßige Sitzungen des Beirates, die etwa alle drei Monate in Berlin stattfinden sollen. Dann sollen die Wissenschaftler zum Stand des Projektes berichten.
Mit dem beauftragten Gutachten will das BMWi eine „belastbare und gesicherte Datenbasis“ schaffen, bevor eine Entscheidung über eine Anpassung der AMPreisV getroffen wird. In der Vergangenheit seien lediglich einzelne Preisregelungen überprüft und angepasst worden; eine zeitgleiche Überprüfung aller in der AMPreisV geregelten Preiszuschläge und Preise zu einem bestimmten Stichtag im Rahmen einer Revision der Verordnung sei bisher jedoch nicht erfolgt, erklärte ein BMWi-Sprecher Anfang Oktober.
In der AMPreisV ist jedoch nicht nur das Fixhonorar geregelt, sondern auch die 3-Prozent-Marge sowie die Aufschläge für Großhändler und Tierärzte bei Fertigarzneimitteln. Auch die 26 Cent für die Dokumentation bei der Abgabe von Betäubungsmitteln (BtM), die Zuschläge für Zubereitungen und die Abgabe von Stoffen sind in der AMPreisV hinterlegt. In der Verordnung ist auch die Ausnahme für die Abgabe von Teilmengen aus Fertigarzneimitteln verankert, die zuletzt Rabatte von Herstellern an verblisternde Apotheken rechtfertigte und derzeit vom Bundesgesundheitsministerium (BMG) geprüft wird.
ABDA-Präsident Friedemann Schmidt hatte die Vergabe des Forschungsprojekts durch das BMWi auf dem Deutschen Apothekertag (DAT) in Düsseldorf als „Verzögerungstaktik und Verwaltungshandeln“ kritisiert, da alle Daten geliefert worden seien. Schmidt kündigte an, die Ausschreibung abzuwarten und anschließend zu prüfen, ob ein eigenes Forschungsvorhaben begonnen werden müsse. Die Apothekerschaft müsse darauf vorbereitet sein, dass das Forschungsvorhaben des Ministeriums nicht in der erwarteten Neutralität ausfalle.