Chronikerpauschalen

Bundesversicherungsamt korrigiert Hausarztverträge

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Berlin -

Erst kürzlich hat das Bundesversicherungsamt (BVA) die zwischen den Kassenärzten in Nordrhein und mehreren Kassen geschlossenen Versorgungsverträge als unzulässig kritisiert und deren Kündigung erwirkt. Jetzt nimmt die Aufsichtsbehörde die Chronikerpauschalen von Hausarztverträgen (HzV) ins Visier. Fallzahlenabhängige Honorare sind danach unzulässig und dürfen ab 31. August nicht mehr gezahlt werden. Damit soll das sogenannte Diagnose-Upcoding verhindert werden, das den Kassen höhere Zuschüsse aus dem Risikostrukturausgleich (RSA) einbringt.

In dem Rundbrief an Krankenkassen und das Bundesgesundheitsministerium (BMG) stellt das BVA klar: „Die Aufsichtsbehörden sind der Auffassung, dass die Höhe der Vergütung für eine vertragli­che Leistung nicht in Abhängigkeit von der Anzahl der dokumentierten Diagnosen variieren darf.“ Somit stünden die in den HzV-Verträgen üblicherweise enthaltenen Chroni­kerpauschalen mit der Beschlusslage nicht in Einklang.

Die Pauschalen sähen eine Vergütung für Hausärzte vor, die sich nach der Anzahl der dokumentierten Diagnosen bestimme, kritisiert das BVA. Die vereinbarten Diagnosen seien in der Regel im Morbi-RSA relevant und hätten „damit Einfluss auf die Zuweisungen der Krankenkasse aus dem Ge­sundheitsfonds“. „Ein Wettbewerb um Zuweisungen steht jedoch dem Grundgedanken des Solidarsystems der gesetzlichen Kran­ken­ver­siche­rung entgegen. Aus den vorgenannten Gründen sind die angesprochenen Regelungen zu beseitigen.“

Das BVA schlägt vor, die Vergütung für die Versorgung der chronisch erkrankten Versicherten durch einen neuen, allgemeinen Chroni­kerbegriff zu regeln. In diesem Zusammenhang weist das BVA aber darauf hin, dass kontaktunabhängige Vergütungen für Ärzte für die Versorgung chronisch Kran­ker zugleich unzulässig sind. „Vor diesem Hintergrund ist da­her vertraglich sicherzustellen, dass Hausärzte die Vergütungen ausschließlich nach erfolg­tem Arzt-Patienten-Kontakt beanspruchen können“, mahnt das BVA. Auch diagnosebezogene Zuschläge, die nicht an chronische Krankheiten anknüpften und bei denen keine „gestaffelte“ Vergütung vorgesehen ist, verstießen gegen die Gesetzeslage. Das BVA fordert die Vertragspartner von HzV-Verträgen dazu auf, ihre Verträge bis zum 31. August 2018 entsprechend zu modifizieren.

Der Gesetzgeber hatte die Krankenkassen 2008 grundsätzlich verpflichtet, HzV-Verträge abzuschließen. Zuletzt gab es aber immer wieder Streit darüber, ob die Kassen das Instrument nutzen, um Einfluss auf die Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds zu erhalten. Daraufhin reagierte die Politik und verbot die Einflussnahme der Kassen im April 2017.

Zuletzt hatte das BVA unter anderem DAK, TK und KKH vorgeworfen, mit den Selektivverträgen die ärztlichen Diagnosen zu beeinflussen und damit höhere Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds zu erhalten und die seit Januar geltenden „Versorgungsstärkungsverträge“ der KV Nordrhein mit der AOK Rheinland/Hamburg, der KKH und der DAK sowie den Vertrag mit der TK für unzulässig erklärt.

Man habe sich in der Vergangenheit wiederholt mit den „sogenannten Versorgungsstärkungsverträgen“ auseinandersetzen müssen, da sie „im Verdacht stehen, dass über sie in unzulässiger Weise das Kodierverhalten der ärztlichen Leistungserbringer beeinflusst würde“, so ein Sprecher des BVA. Zuletzt haben sich die Aufsichtsbehörden auf Einladung des BVA am 21. Februar mit der Thematik befasst.

Auf dieser Arbeitsgruppensitzung hätten sich die Aufsichtsbehörden darauf verständigt, dass Leistungen in Selektivverträgen nur dann zusätzlich vergütet werden dürften, wenn die Versorgungsziele und die zusätzlichen Leistungen konkret beschrieben würden und dem Arzt ein zusätzlicher Aufwand im Vergleich zur Regelversorgung entstehe. Erforderlich ist darüber hinaus, dass die Leistung jeweils im Hinblick auf das spezifische Krankheitsbild dem Patienten einen Nutzen bringe. Dieser Sachzusammenhang sei in dem Vertrag nachvollziehbar darzustellen. Zudem dürfe die Höhe der Vergütung für die vertragliche Leistung nicht in Abhängigkeit von der Anzahl der dokumentierten Diagnosen variieren.

Da die in Rede stehenden Verträge nicht den genannten Voraussetzungen entsprochen hätten, habe man die seiner Aufsicht unterstehenden Krankenkassen zur außerordentlichen Kündigung dieser Verträge aufgefordert, so das BVA. Die fraglichen Verträge sähen Honorare in Abhängigkeit von der Anzahl der Diagnose vor. Die festgelegten Auswahl der Diagnosen sei „in der Regel Morbi-RSA relevant“ und habe Einfluss auf die Zuweisungen der Kassen.

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