Bundesverfassungsgericht weist Klagen gegen ePA ab APOTHEKE ADHOC/ dpa, 26.01.2021 15:21 Uhr
Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat eine Verfassungsbeschwerde und einen Eilantrag zur elektronischen Patientenakte (ePA) abgewiesen. Dabei ging es jeweils um die Auswertung von Patientendaten durch die Krankenkassen für neue Angebote und zur Qualitätssicherung. Beide Kläger sehen sich in ihrem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung verletzt, scheiterten aber schon an formalen Kriterien, wie das höchste deutsche Gericht in Karlsruhe am Dienstag mitteilte.
Seit Anfang des Jahres müssen die Krankenkassen ihre Versicherten eine ePA anbieten – trotz des Einspruchs des Bundesdatenschutzbeauftragten. Dokumente wie Arztbefunde, Röntgenbilder oder der Impfpass können darin digital gespeichert werden, was es Leistungserbringern ermöglichen soll, sich besser zu vernetzen und Medikationsfehler sowie Doppel-Untersuchungen zu vermeiden. Dabei kann jeder Patient selbst entscheiden, ob er die ePA nutzen will oder nicht.
Genau deshalb nahmen die Richter die Verfassungsbeschwerde gar nicht erst zur Entscheidung an. „Die Verfassungsbeschwerde ist bereits unzulässig, weil die Nutzung der elektronischen Patientenakte freiwillig ist und der Beschwerdeführer nicht unmittelbar und gegenwärtig in seinen eigenen Rechten betroffen ist“, so das BVerfG. „Damit hat der Beschwerdeführer es selbst in der Hand, die geltend gemachte Verletzung in seinem Recht auf informationelle Selbstbestimmung abzuwenden, indem er seine Einwilligung zur Nutzung der elektronischen Patientenakte nicht erteilt.“
Der Mann befürchtet, dass die Datensammlung nicht ausreichend gesichert sei und Ziel von Hackerangriffen werden könnte. Außerdem könnten immer aussagekräftigere Gesundheitsprofile erstellt werden, kritisiert er. Er zog deshalb gegen §68b Abs.1 und Abs.2 SGB V zu Felde: Der Passus erlaubt den GKV, die von ihnen rechtmäßig erhobenen und gespeicherten versichertenbezogenen Sozialdaten für die Vorbereitung von – gesetzlich nicht näher bestimmten – Versorgungsinnovationen und für die Gewinnung Versicherter für diese Versorgungsinnovationen im erforderlichen Umfang auszuwerten. Die Auswertung erfolgt pseudonymisiert und, soweit möglich, auch anonymisiert – aber eben nur, wenn er seine Einwilligung erteilt.
Der zweite Kläger wiederum wollte mit einem Eilantrag verhindern, dass die Krankenkassen gespeicherte Sozialdaten leichter nutzen können. Nach bisheriger Rechtslage mussten die Kassen sowohl für die Datenauswertung als auch für die Information und das Unterbreiten von Angeboten ein Einwilligungserfordernis der Versicherten einholen. Diese Einwilligungserfordernis hinsichtlich der Datenauswertung nach ist nun zwar gänzlich entfallen – wurde aber durch eine Widerspruchsmöglichkeit ersetzt. Der Kläger vertritt die Auffassung, dass das nicht verfassungsgemäß sei.
Doch er scheiterte mit seinem Antrag am Prinzip der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde. Das heißt: Er hätte zunächst an den Sozialgerichten vorgehen müssen, um die fachrechtlichen Fragen klären zu lassen. Erst dann könne über die Verfassungsmäßigkeit der Vorschriften entschieden werden. Das Patientendaten-Schutz-Gesetz, in dem die Regelungen stehen, war Mitte Oktober in Kraft getreten.
Auch der Bundesdatenschutzbeauftragte Ulrich Kelber hatte sich gegen die Einführung der ePA mit den bisherigen Regelungen gestellt. Er kritisiert unter anderem die fehlende Feingranulierung der Informationsfreigabe, also dass Patienten nur die Wahl haben, allen Leistungserbringern alle Informationen haben, nicht jedoch auszuwählen, wer was sehen kann. Trotz Kelbers Bedenken wurde die ePA allerdings zu Jahresbeginn – nicht zuletzt mit dem Segen des Bundesamtes für soziale Sicherung (BAS) – trotzdem durchgedrückt.