Rechtsanwälte dürfen sich künftig auch mit Apothekern und Ärzten als Berufspartner zusammenschließen. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat das Sozietätsverbot für einen unverhältnismäßigen Eingriff in die Berufsfreiheit erklärt.
Ein Rechtsanwalt und eine Ärztin und Apothekerin hatten eine Partnerschaftsgesellschaft gegründet. Das Amtsgericht Würzburg wies die Anmeldung zurück. Der Eintragung stehe eine Regelung der Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) entgegen, in der die Berufe des Arztes und des Apothekers nicht aufgeführt seien. Der Fall ging durch die Instanzen, schließlich legte der Bundesgerichtshof (BGH) das Verfahren dem BVerfG vor.
In der BRAO ist eine Zusammenarbeit explizit für Patentanwälte, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer vorgesehen. Doch aus Sicht der Karlsruher Richter birgt die Zusammenarbeit mit Ärzten und Apothekern keine wesentlichen zusätzlichen Risiken für die anwaltlichen Berufspflichten. Diese seien diese etwa genauso zur Verschwiegenheit verpflichtet wie die Anwälte selbst.
Der Gesetzgeber verfolgt laut BVerfG mit dem Eingriff in die freie Berufsausübung einen legitimen Zweck: Die Vorschrift solle die Beachtung der wesentlichen anwaltlichen Grundpflichten sichern. Hierzu zählten auch die Verschwiegenheitspflicht, das Verbot der Vertretung widerstreitender Interessen sowie die Pflicht, keine die berufliche Unabhängigkeit gefährdenden Bindungen einzugehen.
Für die Sicherstellung der anwaltlichen Verschwiegenheit sei das Sozietätsverbot mit Ärzten und Apothekern in weiten Bereichen aber nicht erforderlich, so die Karlsruher Richter: Die Verpflichtung der Rechtsanwälte zur Verschwiegenheit sei laut Strafgesetzbuch (StGB) strafbewehrt. Der Gesetzgeber sei grundsätzlich nicht gehindert, solche Berufe von der gemeinschaftlichen Ausübung auszuschließen, für die ein ausreichendes Maß an Verschwiegenheit nicht gesichert erscheine. Daher seien die bislang genannten Berufen als sozietätsfähig zugelassen.
Der Ausschluss von Ärzten und Apothekern aus dem Kreis der sozietätsfähigen Berufe sei nicht erforderlich, um das Geheimhaltungsinteresse der Mandanten zu sichern. Eine Weitergabe mandatsrelevanter Informationen an die nichtanwaltlichen Partner werde bei Beauftragung einer interprofessionellen Sozietät regelmäßig erwartet und stelle daher keine Verletzung der Verschwiegenheitspflicht dar.
Auch zum Schutz der anwaltlichen Verschwiegenheit sei das Verbot zumindest nicht erforderlich. „Denn Ärzte sowie Apotheker sind gleich den Rechtsanwälten zur beruflichen Verschwiegenheit verpflichtet.“ Die Pflicht gelte umfassend für alle nicht allgemein bekannten Tatsachen, die dem Berufsträger in seiner Eigenschaft als Arzt oder Apotheker anvertraut oder sonst bekannt werden. Auch diese Pflicht sei strafbewehrt.
Nach den einschlägigen Verfahrensordnungen könnten auch Ärzte und Apotheker ein eigenes Recht zur Zeugnisverweigerung beanspruchen. Der Schutz dieser Berufsgruppen vor einer Beschlagnahme bleibt zudem nicht hinter dem Schutz zurück, den Rechtsanwälte beanspruchen könnten. Bei bestimmten Ermittlungsmaßnahmen seien zwar Unterschiede im Schutzniveau zu verzeichnen, das gelte aber für die bisher in der BRAO genannten Berufe ebenso. Der Gesetzgeber nehme eine begrenzte Schwächung der Geheimhaltungsinteressen der Mandanten zugunsten der Berufsfreiheit also hin.
Zur Sicherung der anwaltlichen Unabhängigkeit könnte aus Sicht der Karlsruher Richter ein Sozietätsverbot mit Ärzten oder Apothekern noch erwogen werden, auch hier sei es aber unangemessen. Auch das Ziel, Interessenkonflikte zu vermeiden, rechtfertige nicht ein Sozietätsverbot, das Partnerschaftsgesellschaften zwischen Rechtsanwälten und Ärzten oder Apothekern hindere.
In dem damit gezogenen engen Rahmen habe es auch der Gesetzgeber bei Zulassung der sozietätsfähigen Berufe hingenommen, „dass Gefährdungen für die Geradlinigkeit anwaltlicher Tätigkeit durch interprofessionelle Zusammenarbeit nicht völlig auszuschließen sind“. Da bei einer Partnerschaft mit Ärzten und Apothekern im Vergleich keine spezifisch erhöhten Gefährdungen der anwaltlichen Geradlinigkeit auszumachen seien, erweise sich das Sozietätsverbot als unangemessener Eingriff in die Berufsfreiheit.
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