Bundesverfassungsgericht

Abmahnwelle versandet in Karlsruhe APOTHEKE ADHOC, 26.10.2016 08:04 Uhr

Berlin - 

Eine der größten Abmahnwellen gegen Apotheken ist nun endgültig juristisch aufgearbeitet. Zahlreiche Oberlandesgerichte haben das Vorgehen der Firma Veniapharm inzwischen für rechtsmissbräuchlich erklärt. Die Firma aus Grünwald wollte die Entscheidungen aber vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG) prüfen lassen. Doch in Karlsruhe blitzte Veniapharm ebenfalls ab.

Die Rechtsanwälte Beyerlein hatten im Auftrag von Veniapharm zuerst im Jahr 2013 Apotheken und Großhändler abgemahnt. Es ging um das Inverkehrbringen des Nahrungsergänzungsmittels „Orthoexpert Pro-Man boost“ von Weber & Weber. Die Abmahnungen bezogen sich auf einen vermeintlich notwendigen Warnhinweis zu der Zutat L-Arginin sowie auf weitere Aussagen zu dem Produkt. Im Herbst 2014 gab es eine zweite Welle wegen des Präparates „Migravent Classic“.

Der Hersteller übernahm die Verteidigung der abgemahnten Apotheken durch die Kanzlei Dr. Schmidt-Felzmann & Kozianka aus Hamburg sowie alle Gerichtskosten. Denn bei Weber & Weber war man sich ziemlich schnell sicher, dass die Abmahnungen rechtsmissbräuchlich waren. Das war um so leichter zu beweisen, je mehr Fälle gebündelt wurden.

Die überwiegende Zahl der Gerichtsverfahren ist laut Weber & Weber mittlerweile zugunsten der Apotheken abgeschlossen. Die Rechtsmissbräuchlichkeit sei mittlerweile von den Oberlandesgerichten (OLG) in Düsseldorf, Oldenburg, München, Frankfurt am Main, Köln, Bremen sowie Hamm bestätigt worden.

Veniapharm hatte gegen mehrere dieser Urteile Verfassungsbeschwerde in Karlsruhe eingereicht. Doch auch das Bundesverfassungsgericht erkannte den Rechtsmissbrauch und führte dazu aus: „Ein Missbrauch im Sinne von § 34 Abs. 2 Alt. 1 BVerfGG kann auch vorliegen, wenn das Bundesverfassungsgericht durch für jedermann erkennbar substanzlose Verfassungsbeschwerden an der Erfüllung seiner Aufgaben gehindert wird, wodurch anderen Rechtsuchenden der ihnen zukommende Grundrechtsschutz nur verzögert gewährt werden kann.“

Die Abmahnungen waren nach Ausführungen der Gerichte rechtsmissbräuchlich, da sich die Abmahntätigkeit von Veniapharm verselbständigt habe und in keinem Verhältnis zur eigenen gewerblichen Tätigkeit stand. Allein im ersten Geschäftsjahr sollen mindestens 160 Abmahnungen ausgesprochen worden sein. Neben Weber & Weber waren weitere Hersteller betroffen. Die eigentlichen Umsätze von Veniapharm mit eigenen Produkten stand in krassem Gegensatz dazu.

Ein weiteres wesentliches Indiz für den Rechtsmissbrauch war, dass Veniapharm die Verstöße der Apotheken provozierte: Die nicht vorrätigen Produkte wurden erst von Testkäufern bestellt, dann folgte die Abmahnung. Und nicht zuletzt wurde Veniapharm zum Verhängnis, dass in den Gerichtsverfahren nachweislich falsche Tatsachen in Bezug auf den Umsatz mit den eigenen Produkten vorgetragen wurden.