Bundestagswahl: Wie die Apotheken gewinnen können APOTHEKE ADHOC, 30.07.2021 08:56 Uhr
Der Wahlkampf läuft, es bleiben keine zwei Monate mehr bis zur Bundestagswahl. Und die Apotheken? Die kommen in den Wahlprogrammen kaum vor. Warum das eher eine Chance als ein Problem ist, diskutieren APOTHEKE ADHOC-Herausgeber Thomas Bellartz und Chefredakteur Alexander Müller in der neuen Folge ihres Podcasts NUR MAL SO ZUM WISSEN.
Eine Ära endet – aber geht es danach bergauf oder bergab? Die Apotheker:innen scheinen eher wenig Hoffnung zu hegen: Laut einer aktuellen Umfrage von aposcope erwarten nicht einmal fünf Prozent von ihnen, dass sich ihre Situation nach der Bundestagswahl verbessert. Bellartz bringt sogar Verständnis dafür auf, dass angesichts der bevorstehenden Veränderungen keine Euphorie aufkommt. Schaue man sich die Kandidat:innen an, „dann hat man das Gefühl, vielleicht würden einige die Mutti gern behalten wollen“. Dabei gebe es viel zu holen. „Ich glaube, da steckt gerade in diesem Jahr für die Apotheken ganz schön viel Potenzial drin“, sagt er. „Und für die Apotheken ganz konkret kann man auch sagen: Vielleicht stehen die auch gerade gar nicht so schlecht da.“
Damit meinen die beiden keine Honorardiskussionen, sondern das Standing der Branche am Ende der Pandemie – denn Verlässlichkeit und die Fähigkeit, schneller als andere in der Breite zu wirken, haben die Apotheken tatkräftig unter Beweis gestellt. „Das ist ja auch wahrgenommen und wertgeschätzt worden. Das muss man jetzt verlängern“, fordert Bellartz. Er ruft Apotheker:innen auf, sich zu engagieren – und zwar nicht für eine bestimmte Partei, sondern indem sie ihre Kandidat:innen einladen, sich ein Bild von ihrer Arbeit und ihren Bedürfnissen zu machen. Dabei könnten sie eigentlich nur gewinnen: „Ich habe noch nie erlebt, dass eine Apotheke schlecht abschneidet, wenn sie zeigt, was sie alles leistet“, sagt Müller.
Das gelte umso mehr, als die meisten Parteien im Feld der Gesundheitspolitik nicht so stark aufgestellt sind – und sich dadurch bessere Einwirkungsmöglichkeiten als in anderen Politikbereichen böten. Das sei eines der wenigen Einfallstore für politischen Einfluss in Berlin, denn anders als die Ärzt:innen hätten die Apotheker:innen keine eigene Funktionäre in der Bundespolitik, die ihre Interessen vertreten. „Ich weiß nicht, welches Rennpferd die Apotheker:innen da haben, auf das sie setzen wollen“, sagt Müller.
Das Entscheidende sei dabei die Sachebene, nicht der Streit ums Geld – der sei angesichts absehbar leerer Staatskassen nach der Pandemie sogar kontraproduktiv. „Was du gerade nicht tun musst, ist massiv zu fordern. Du musst zeigen, wer du bist“, sagt Bellartz. „Man muss diese Themen besetzen, die gerade en vogue sind.“ Er meint: Digitalisierung, E-Rezept, Plattformen. Die Abda mache genau das nicht, wie der Vergleich ihrer politischen Standpunkte mit denen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung im Podcast verdeutlicht. „Das ist politisch fahrlässig“, kritisiert Bellartz.
Die politische Kommunikation der Abda verfehle die eigentlichen Bedürfnisse der Branche vor der Wahl. Stichwort: Digitalisierung. „Wie kann man diese Lebenswirklichkeit ausklammern in diesen zentralen Positionen?“, fragt Bellartz. Die Ärzt:innen hingegen wissen anscheinend besser, wie das funktioniert. „Und das sind diejenigen, die das E-Rezept noch viel weniger auf die Kette kriegen. Aber die adressieren das wenigstens“, wirft Müller ein. Genau an diesen Punkten müssten die Apotheken deshalb selbst tätig werden, auch wenn das natürlich keine leichte Aufgabe sei – dafür eine, die sich lohne. „Da ist noch so viel Luft gelassen worden und um so wichtiger ist es, den Raum zu füllen“, sagt Bellartz.