Ehemalige Bundesgesundheitsministerin

Bundestagswahl: Ulla Schmidt hört auf

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Berlin -

Eine der profiliertesten Gesundheitspolitikerinnen verlässt den Bundestag: Die langjährige Gesundheitsministerium Ulla Schmidt (SPD) tritt nach 31 Jahren nicht noch einmal an. Den Apothekenmarkt hat sie geprägt wie kaum jemand vor und nach ihr – die meisten Apotheker werden sie allerdings in weniger guter Erinnerung behalten.

Niemand sonst hat so lange das Bundesgesundheitsministerium (BMG) geführt: Von Januar 2001 bis Oktober 2009 war Schmidt Hausherrin, länger als alle vor und nach ihr. Dass sie in der Zeit nichts bewegt habe, kann ihr niemand vorwerfen. Allerdings wird ihr Name in der Apothekenbranche vor allem mit einem Begriff verbunden bleiben: Rx-Versand. Den hatte Schmidt 2004 mit dem Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GMG) erlaubt und damit fast nebenbei den Apothekenmarkt umgekrempelt. Schmidt selbst betont seit jeher, ein konstruktives Verhältnis zur Apothekerschaft zu haben, umgekehrt klingt das oft weniger diplomatisch.

Neben dem Versand führte sie mit dem GMG eine neue Honorarordnung ein und lockerte das Mehrbesitzverbot. Erst seitdem dürfen Apotheken drei Filialen haben. Einen „Sieg der Vernunft“ hatte sie nach dem Gesetz verkündet, nachdem sie die Apothekerschaft 2005 bei Krisengesprächen mit den Kassen überzeugt hatte, auf ihre Einkommensgarantie aus dem GMG zu verzichten. Denn entgegen den Warnungen der Kassen war die Zahl der abgegebenen Packungen nach der Einführung des festen Apotheken Zuschlags von 8,10 Euro gesunken statt gestiegen. 350 Millionen Euro Nachzahlungen hätten den Apotheken zugestanden, am Ende wurden 37 Millionen daraus. Es waren Zeiten, in denen es schlecht stand um die deutsche Wirtschaft, zusätzliche Millionen für die Apotheken hätten ihr Dauerversprechen von sinkenden Krankenkassenbeiträgen in Gefahr gebracht. Zwischen Abda und BMG herrschte chronisch dicke Luft.

Der breiteren Öffentlichkeit dürfte Schmidt vor allem für die Praxisgebühr in Erinnerung bleiben: Ab 2004 mussten volljährige gesetzlich Versicherte einmal im Quartal beim Arzt, Zahnarzt, Psychotherapeuten und kassenärztlichen Notdienst eine Pauschale von 10 Euro entrichten. Dadurch sollte die Zahl unnötiger Arztbesuche verringert werden – doch das Vorhaben scheiterte, zum 1. Januar 2013 wurde die Praxisgebühr wieder abgeschafft. Da war Schmidt schon fast vier Jahre nicht mehr im Amt.

Nach dem Ausscheiden aus der Bundesregierung und dem Verlust ihres Direktmandats war Schmidt ab Ende 2009 normale Bundestagsabgeordnete. In den Jahren seitdem war sie vor allem in den Bereichen Außen-, Sicherheits- und Kulturpolitik aktiv als Mitglied der Parlamentarischen Versammlung der NATO, im Unterausschuss „Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik“ und im Ausschuss „Kultur und Medien“. Im Auswärtigen Ausschuss war sie stellvertretendes Mitglied. Von 2013 bis 2017 war sie Vizepräsidentin des Bundestags.

Der Gesundheitspolitik blieb sie jedoch im weiteren Sinne erhalten, vor allem durch die Förderung von Gesundheitsprojekten in ihrer Heimatregion Aachen und ihr Engagement für die Inklusion Behinderter. Sie gehört dem konservative Seeheimer Kreis innerhalb der SPD an und positionierte sich zuletzt 2017 mit ihm gegen die Forderungen des damaligen Gesundheitsministers Hermann Gröhe (CDU) nach einem Rx-Versandverbot.

Auch neben ihrer parlamentarischen Arbeit blieb sie dem Gesundheitswesen in gewisser Weise verbunden: Schmidt gehört zu den Bundestagsabgeordneten mit den höchsten Nebeneinkünften, allein für einen Posten als Verwaltungsrätin des Schweizer Pharmakonzerns Siegfried kassierte sie pro Monat zwischen 3500 und 7000 Euro. Inklusive eines Zusatzhonorars beliefen sich ihre Zusatzeinkünfteinkünfte allein aus der Pharmaindustrie auf 127.500 bis 205.000 Euro im Jahr 2016.

Mit Ende der laufenden Legislaturperiode ist nun Schluss für Schmidt. Seit 1990 saß sie im Bundestag und ist damit eine der dienstältesten Abgeordneten. „Aber 31 Jahre sind denn auch mehr als ausreichend. Jetzt sollen Jüngere im Parlament entscheiden“, so die 72-jährige ehemalige Sonderschullehrerin. Allerdings wolle sie erneut für den Bundesvorsitz der Lebenshilfe kandidieren und werde sich künftig in ihrer Heimat Aachen weiter engagieren, unter anderem als Kuratoriumsvorsitzende der Hospizstiftung und Mitglied im transatlantischen Bündnis Atlantik-Brücke, wie sie jüngst der SPD-Zeitung Vorwärts erzählte. Dem Parlament bleibe sie durch ihre Funktion in der Lebenshilfe verbunden, auf ihre Amtszeit blicke sie mit Stolz zurück. Ihre Nachfolger würden immer noch von den Erfolgen der Jahre bis 2009 zehren. „Ich habe noch nie einen Tag bereut“, so Schmidt.

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