Bundestagswahl

„Ich kann Lauterbach aus dem Bundestag werfen“ Lothar Klein, 22.05.2017 07:59 Uhr

Berlin - 

In der SPD ist Karl Lauterbach gesetzt – vor allem, wenn es um Gesundheitsthemen geht. Der Professor mit der markanten Fliege sorgt mit seinen Büchern, provokanten Thesen und seiner TV-Präsenz für bundesweite Bekanntheit und sicherte sich damit bei den letzten Wahlen sein Mandat. Am 24. September könnte es nun aber eng werden in seinem Wahlkreis Köln/Leverkusen. Die CDU rückt dort gefährlich nahe. Bei den Landtagswahlen konnte der CDU- dem SPD-Kandidaten das sicher geglaubte Mandat abjagen.

Bei der Bundestagswahl 2013 holte Lauterbach das Direktmandat in Mülheim/Leverkusen mit 41,3 zu 39,3 Prozent nur knapp vor CDU-Herausforderer Helmut Nowak. Das waren rund 4000 Stimmen mehr für Lauterbach. Vier Jahre zuvor siegte Lauterbach noch knapper. Nowak rechnet sich jetzt gute Chancen aus, Lauterbach aus dem Bundestag zu verdrängen. Denn bei Landtagswahlen in NRW gab es in Leverkusen eine Überraschung. Dort siegte CDU-Kandidat Rüdiger Scholz nach längerer Zeit mal wieder über die SPD. Daraus schöpft Nowak seine Hoffnung.

Verliert Lauterbach sein Direktmandat, dürfte der SPD-Fraktionsvize nicht mehr in den Bundestag einziehen: Denn anders als andere prominente SPD-Politiker ist er nicht über die Landesliste der NRW-SPD abgesichert. Dort rangiert Lauterbach auf Listenplatz 58 auf einem aussichtslosen Rang. Bei der letzten Bundestagswahl kamen 28 SPD-Bundestagsabgeordnete über die Liste ins Parlament.

Damit kommt es am 24. September im Wahlkreis Mülheim/Leverkusen zu einem interessanten Duell. Lauterbach genießt zwar auch in den eigenen Reihen keine ungeteilte Sympathie, aber als Gesundheitsexperte ist der Mediziner in der Fraktion anerkannt. Den Gesundheitsteil des Koalitionsvertrags hatte er 2013 mit Jens Spahn ausgehandelt. Und beim Rx-Versandverbot seinen Blockadekurs durchgesetzt.

Lauterbach blickt auf einen interessanten Lebenslauf zurück. Er wurde 1963 als Sohn eines Arbeiters in Düren bei Köln geboren. Nach dem Abitur studierte er Medizin in Aachen und an der University of Texas in den USA. 1991 schloss er seine Dissertation in Düsseldorf ab. Daneben studierte Lauterbach Gesundheitsökonomie an der Harvard School of Public Health in Boston. 1998 wurde Lauterbach Direktor des neu gegründeten Instituts für Gesundheitsökonomie und Klinische Epidemiologie (IGKE) an der Kölner Universität.

Von 1999 bis zur Wahl in den Bundestag im September 2005 war Lauterbach Mitglied des Sachverständigenrates zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen. 2003 war er Mitglied in der Kommission zur Untersuchung der Nachhaltigkeit in der Finanzierung der Sozialen Sicherungssysteme, der sogenannten „Rürup-Kommission“.

Weniger bekannt ist allerdings, dass Lauterbach, der zur SPD-Parteilinken gehört, seinen Aufstieg von rechts unten nach links oben der CDU verdankt. Seine Studienzeit in den USA finanzierte die Konrad-Adenauer-Stiftung mit. Und Lauterbach war einst Mitglied der CDU: „Meine Mutter war sehr christlich“, so Lauterbach 2013 in einem Gespräch mit der Rheinischen Post. „Als ich in den USA war, habe ich mich mit Gerechtigkeitsthemen auseinandergesetzt. Irgendwann konnte die CDU die für mich nicht mehr umsetzen. Heute bin ich 100 Prozent Sozialdemokrat.“

Jetzt könnte ausgerechnet die CDU die politische Karriere von Lauterbach wieder beenden. Nowak will im Wahlkreis gezielt gegen Lauterbach Stimmung machen. Im Teilwahlkreis Leverkusen lag Nowak schon beim letzten Mal mit 6000 Stimmen vorn. Im Arbeiterbezirk Köln-Mülheim hat es die CDU hingegen traditionell schwer.

Aber auch dort hat in den letzten Jahren ein Wandel eingesetzt. Das Viertel wird jetzt hipp. Altbauten und Fabriketagen wurden renoviert, Szene-Leute zogen ein, Kneipen und Restaurants sprießen an vielen Orten. „Es tut sich etwas“, ist sich Nowak sicher.

Der CDU-Mann will eine Erst-Stimmenkampagne starten, weil er glaubt, das Lauterbach auch in seinem Wahlbezirk nicht alle Herzen seiner bisherigen Wähler erreicht: „Viele Wähler wissen nicht, dass sie ihre beiden Stimmen unterschiedlich verteilen können. Ich habe die Chance, Lauterbach aus dem Bundestag zu werfen.“