Kurz vor Schluss der Wahlperiode blicken die Bundestagsabgeordneten nicht nur gerne zurück, sondern längst über die anstehende Bundestagswahl hinaus. Wer scheidet aus? Wie stehen die Chancen für die Wiederwahl? Wie werden die interessanten Posten in neuen Parlament besetzt? In der SPD muss sich allenfalls Karl Lauerbach als gesundheitspolitisches Aushängeschild Sorgen machen. In seinem Wahlkreis Köln-Mülheim/Leverkusen könnte es knapp werden. SPD-Arzneimittelexpertin Sabine Dittmar hingegen sieht dem 24. September ganz entspannt entgegen.
Chancenlos ist sie zwar beim Direktmandat. Aber auf Platz 10 der SPD-Liste für Bayern ist der Wiedereinzug gesichert. Und im Gesundheitsausschuss weitermachen will sie auch. Zwar liegt die SPD in Bayern landesweit bei Bundestagswahlen stets weit hinter der dominierenden CSU zurück. Doch Dittmar ist auf Platz 10 der SPD-Landesliste komfortabel platziert. Vor vier Jahren zogen 22 bayerische SPD-Abgeordnete über die Liste in den Bundestag. Die SPD errang in Bayern kein Direktmandat. So viele Prozentpunkte kann die SPD im Normalfall gar nicht verlieren, dass es für die Arzneimittelexpertin der Fraktion kritisch werden könnte.
In ihrem Wahlkreis Bad Kissingen in Franken kämpft Dittmar jedoch auf verlorenem Posten. 2013 holte sie 19,9 Prozent der Erststimmen. Damit lag sie immer noch besser als die SPD, die dort 18,2 Prozent holte. Dittmar tritt an gegen Dorothee Bär, die schon als CSU-Generalsekretärin gearbeitet hat, stellvertretendes Mitglied im Gesundheitsausschuss des Bundestages war und zuletzt als Staatssekretärin im Verkehrsministerium von Alexander Dobrindt (CSU) reüssierte.
Mit einem Schreiben an ihren Wahlkreis hat sich Dittmar jetzt in die Sommerpause und die Bundestagswahl verabschiedet. Darin zieht Dittmar eine persönliche Bilanz der letzten vier Jahre. In der Diskussion um die Folgen des EuGH-Urteils und das von Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) vorgeschlagene Rx-Versandverbot spielte Dittmar eine wichtige Rolle.
Gemeinsam mit Edgar Franke hatte sie einen Kompromissvorschlag vorgelegt: Beide SPD-Gesundheitspolitiker hatten vorgeschlagen, einen Rx-Bonus für alle Apotheken von maximal 1 Euro im Sozialgesetzbuch (SGB V) zu verankern. Die gesetzliche Neuregelung sollte auf zwei Jahre befristet und in der Zwischenzeit das Apothekenhonorar überarbeitet werden. Am Ende zerstritten sich SPD und Union.
Als Wahlkampfpost taugen solche Details jetzt nicht. In ihrem Statement geht Dittmar nur am Rande auf die für die Apotheker existenzielle Frage ein: „Beim Bundesverband deutscher Versandapotheken war ich im Juni zu einer Podiumsdiskussion geladen. Mit gesundheitspolitischen Vertreterinnen und Vertretern fast aller Fraktionen und aus der Branche diskutierte ich darüber, wie wir die Kompetenz der Vor-Ort-Apotheken stärken und dennoch alle Vertriebswege, insbesondere den Versandhandel von verschreibungspflichtigen Medikamenten, offen halten können“, schreibt sie darin. Priorität habe die Sicherstellung der flächendeckenden Versorgung. Dittmar: „Das Thema war für mich als Berichterstatterin für Apotheken in den letzten Monaten prägend.“
Darüber hinaus befasst sich Dittmar mit dem Kleinklein der Abgeordnetenarbeit: Dass sie mit den andere SPDlern aus der Landesgruppe Bayern die Berliner Landwirtschaftsmesse „Grüne Woche“ besuchte, beim Internationalen Frauentag mitgefeiert und sich um Flüchtlinge gekümmert hat. Natürlich hat Dittmar Ex-SPD-Außenminister Frank-Walter Steinmeier zum Bundespräsidenten gewählt. Alles andere wäre eine Überraschung.
Und bei einem Treffen mit innovativen Unternehmern aus ihrem Wahlkreis hat sie sich einen Tanzrollator und eine mobile Leichtbau-Sauna angeschaut. Als Fränkin kann sie natürlich den Wein nicht links liegen lassen. „Franken-Wein. Schöner. Land! Der Besuch der Veranstaltung war definitiv einer der angenehmeren Termine“, so Dittmar.
Bei der SPD sind die politischen Claims in der Gesundheitspolitik für die nächste Wahlperiode eigentlich schon verteilt: Dittmar möchte wieder als Arzneimittelexpertin im Gesundheitsausschuss tätig sein. Es sieht nicht danach aus, als ob sie um diese Aufgabe in der neuen Fraktion kämpfen müsste.
Hilde Mattheis gilt als gesundheitspolitische Sprecherin der Fraktion als gesetzt. Und zieht Karl Lauterbach als direkt gewählter Abgeordneter wieder ins Parlament, dürfte er sich als Fraktionsvize oder in anderer Funktion wieder wie gewohnt in die gesundheitspolitischen Debatten einmischen.
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