Bundestag will Pick-up-Stellen prüfen Patrick Hollstein, 27.06.2008 10:56 Uhr
Am Ende eines regelrechten Sitzungsmarathons diskutierte gestern der Bundestag über den Versandhandel mit Arzneimitteln. Während FDP und Linke mit ihren Anträgen eine Beschränkung erreichen wollen, halten sich die Regierungsparteien erwartungsgemäß bedeckt: Die Union will sich erst nach Abschluss eines derzeit laufenden Bewertungsprozesses auf eine Handlungsoption festlegen; die SPD will in den parlamentarischen Beratungen alle Wege für eine qualitativ hochwertige und sichere Arzneimittelversorgung prüfen.
Einig waren sich die Vertreter aller Fraktionen, dass zumindest den „Auswüchsen des Versandhandels“ Einhalt geboten werden muss. Insbesondere die gewerblichen Pick-up-Stellen machen den Politikern offenbar Bauchschmerzen: Da diese die Mindestanforderungen der Apothekenbetriebsordnung nicht beachten müssten, würden die Präsenzapotheken ungerechtfertigt benachteiligt, hieß es fraktionenübergreifend. Oder anders ausgedrückt: Was für Abholstationen nicht gilt, kann auch für Apotheken nicht gelten - mit allen Konsequenzen für die Arzneimittelsicherheit.
Arzneimittel zwischen Schokoriegeln und Waschmitteln scheint in keiner der Bundestagsfraktionen erwünscht. Dr. Wolf Bauer (CDU/CSU) warnte vor einer Gleichstellung des Arzneimittels mit Konsumgütern. Dr. Marlies Volkmer (SPD) skizzierte eine zunehmende „Unübersichtlichkeit“ der Arzneimittelvertriebswege, auch im Zusammenhang mit einer eventuellen Liberalisierung des Apothekenmarktes. Daniel Bahr (FDP) wies auf die Problematik der Gutscheine hin, die zu einer „sorglosen Ausweitung des Konsums“ führen könnten. Dr. Martina Bunge (Die Linke) wies auf die wirtschaftlichen Folgen für die Apotheken hin. Birgitt Bender (Bündnis 90/Die Grünen) warnte davor, dass Abholstellen zum „Türöffner für die Aufhebung der Apothekenpflicht für nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel“ werden könnten.
Das Thema Arzneimittelfälschungen wurde in der Diskussion übrigens nicht aufgegriffen, da nach Ansicht aller Fraktionen die regulären Vertriebswege als sicher anzusehen sind. Ein Verbot des Versandhandels mit rezeptpflichtigen Arzneimitteln wird daher nach Ansicht der Politiker auch nichts an der Fälschungsproblematik ändern.
Über die Schlussfolgerungen wird nach der Sommerpause im Gesundheitsausschuss diskutiert werden. Während die SPD neben einer Kennzeichnung legaler Versandapotheken und spezifischen Anforderungen an Pick-up-Stellen den Antrag der Linken zur Beschränkung des Versandhandels auf OTC-Produkte offenbar zumindest in Erwägung zieht, will die FDP mit ihrem Antrag den Versandhandel nur noch direkt an Endverbraucher ermöglichen; ein Vorschlag, über den auch die Grünen reden wollen.