Nach einer halbjährigen Pause ist die Zwangsbehandlung von psychisch Kranken in Notfällen wieder möglich. Der Bundestag billigte mit großer Mehrheit einen entsprechenden Gesetzentwurf von Union und FDP. Damit wird Ärzten grundsätzlich erlaubt, psychisch kranke oder geistig behinderte Menschen in Notsituationen auch gegen ihren Willen zu behandeln.
Dafür gelten jedoch einige Bedingungen: Voraussetzung ist etwa, dass einem Patienten ohne Eingreifen erheblicher Gesundheitsschaden droht. Ein Richter muss den Schritt genehmigen, und der Patient muss in stationärer Behandlung sein, also in einer Klinik versorgt werden und nicht in einer Praxis oder zu Hause. Zudem soll nach Möglichkeit ein zweiter Arzt die Notwendigkeit der Behandlung bestätigen.
Einige Monate lang war ein solches Vorgehen allerdings nicht mehr möglich. Im vergangenen Sommer hatte nämlich der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden, Zwangsbehandlungen seien nicht zulässig, weil eine ausreichende rechtliche Grundlage fehle. Genau dafür soll nun das neue Gesetz sorgen.
Betroffenen-Vertreter hatten die Gesetzespläne allerdings scharf kritisiert und Zwangsbehandlungen als Folter bezeichnet. Die Linke, die als einzige Bundestagsfraktion gegen das Gesetz stimmte, sprach von einem schweren Eingriff in die Grundrechte und fraglichem Nutzen. Vertreter aus der Psychiatrie wie die Bundespsychotherapeutenkammer befürworteten hingegen die Neuregelung. Sie mahnten jedoch, Zwangsbehandlungen dürften nur das allerletzte Mittel sein.
Etwa 1,2 Millionen Menschen werden jedes Jahr stationär in psychiatrischen Einrichtungen therapiert. Etwas mehr als 10 Prozent davon landen gegen ihren Willen dort. Unklar ist aber, wie viele Patienten in solchen geschlossenen Stationen ohne ihre Zustimmung Medikamente bekommen oder andere medizinische Eingriffe über sich ergehen lassen. Belastbare Zahlen dazu gibt es nicht.
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