Bundestag

Angriff auf Gröhe, Applaus für Lauterbach APOTHEKE ADHOC, 30.01.2014 18:59 Uhr

Pflege und GKV-Finanzen: Im Bundestag gab es heute eine Aussprache zum Thema Gesundheit. Foto: Elke Hinkelbein
Berlin - 

Im Bundestag fand heute eine Aussprache zur Gesundheitspolitik statt. In der Debatte ging es hauptsächlich um die Pflegereform und die geplante Umstellung der GKV-Finanzierung. Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) musste sich scharfe Worte von der Opposition gefallen lassen, und die SPD muss sich an die Union erst noch gewöhnen.

Gröhe fand in seiner gut zehnminütigen Rede auch ein paar Worte für die Apotheker: Die Politik gebe in der Gesundheitspolitik den Rahmen vor, doch dieser werde erst von den im Gesundheitswesen Tätigen gefüllt. Gröhe fasste diesen Begriff weit und sprach namentlich nicht nur Ärzte und Apothekern an, sondern auch Mitarbeiter in der Forschung oder bei den Krankenkassen sowie alle Ehrenamtlichen: „Wir schulden diesen Menschen großen Dank, aber wir schulden ihnen auch gute Arbeitsbedingungen“, so Gröhe.

Der Minister kündigte an, ein Schwerpunkt seiner Arbeit werde sein, dass es auch künftig genug Fachkräfte im Gesundheitswesen geben werde. Dies reiche von einer Reform der Ausbildung der Pflegekräfte bis zum „Masterplan Medizinstudium 2020“.

Gröhe will ein System einer dauerhaften Qualitätssicherung als zweiten Schwerpunkt seiner Arbeit etablieren. Hierzu soll ein Qualitätsinstitut gegründet werden, das dem Gemeinsamen Bundesausschuss zuarbeiten soll.

In der Pflege will die Koalition laut Gröhe mit einer Beitragssatzerhöhung von 0,2 Prozentpunkten 2015 in einem ersten Schritt 2,4 Milliarden Euro mehr ins System geben. Insgesamt soll das Leistungsvolumen über zwei weitere Anpassungen sogar um 5 Milliarden erhöht werden. „Das ist ein echter Kraftakt“, so Gröhe.

In den geplanten prozentualen Zusatzbeiträgen der Kassen sieht Gröhe ein gutes Mittel, das System verlässlich zu finanzieren und gleichzeitig Wettbewerb zwischen den Kassen zu erzeugen. Doch er kam nicht dazu, seine Pläne weiter auszuführen: Eine Amtsvorgängerin von ihm, die heutige Bundestagsvizepräsidentin Ulla Schmidt (SPD), erinnerte den Minister an seine Redezeit.

Dafür äußerte sich Sabine Zimmermann von der Fraktion Die Linke im Anschluss zur GKV-Finanzreform. Sie kritisierte, dass der Arbeitgeberbeitrag zur Krankenversicherung festgeschrieben werden soll. „Diese Gesundheitspolitik ist sozial zutiefst ungerecht.“

Der SPD-Fraktionsvize Professor Dr. Karl Lauterbach gab zunächst zu Protokoll, dass die Abgeordneten der Union seinen Auftritt mit Applaus begleiteten – ein für den Mediziner offenbar noch unglaubliches Ereignis.

Dann wendete er sich der Opposition zu: Man habe gemeinsam zehn Jahre dafür gekämpft, das die Kopfpauschale falle, die SPD habe es jetzt geschafft. „Ein kleines Maß an Anerkennung wäre angemessen“, so Lauterbach. Er dankte der Opposition für die gute Zusammenarbeit in der Vergangenheit und fügte schnell hinzu: „Und da ist auch der Union zu danken, dass sie diesen Weg mit uns so mutig gegangen ist.“

Maria Klein-Schmeink (Bündnis 90/Die Grünen) hielt dagegen: Lauterbach habe „den Teufel mit dem Beelzebub ausgetrieben“. Die ungedeckelten Zusatzbeiträge würden künftig von den Versicherten allein bezahlt werden, sagte die gesundheitspolitische Sprecherin ihrer Fraktion.

Ihre Fraktionskollegin Elisabeth Scharfenberg griff Minister Gröhe harsch an: „Bei allem Respekt, Sie haben einfach keine Ahnung.“ Gröhe gehe bei der Finanzierung den gleichen Weg weiter wie sein Vorgänger Daniel Bahr (FDP). „Das ist fachlich falsch und auch feige“, so Scharfenberg, die zum Schluss ihrer Rede erneut Gröhes Kompetenz infrage stellte: „Prägende Einsichten in der Diakonie, Herr Minister, reichen nicht aus.“

Der gesundheitspolitische Sprecher der Union, Jens Spahn (CDU), griff beim Thema Schulgeld für Pflegeauszubildende die rot-grüne Regierung in seinem Heimatland Nordrhein-Westfalen an. Gesundheitsministerin Barbara Steffens (Bündnis 90/Die Grünen) sorge in NRW erst dafür, dass PTA in der Ausbildung Schulgeld zahlen müssten.

Spahn verteidigte außerdem das duale System von gesetzlicher und privater Krankenversicherung – nachdem seine Vorrednerin Hilde Mattheis (SPD) für ihre Fraktion erklärt hatte: „Wir haben die Idee einer Bürgerversicherung nicht aufgegeben“, so die neue gesundheitspolitische Sprecherin ihrer Fraktion.

Der für Gesundheit zuständige Fraktionsvize der Union, Dr. Georg Nüßlein (CSU), machte noch einen anderen Punkt auf: Die Koalition werde die Attraktivität des Arztberufes wieder steigern. Denn während es in Städten zum Teil ein Überangebot gebe, „haben wir im ländlichen Raum allmählich eine anbahnenden Mangel“, so Nüßlein.