Bundesrat

Arztstempel: ABDA ungehört APOTHEKE ADHOC, 18.01.2016 14:09 Uhr

Berlin - 

Bei seiner ersten Sitzung im Jahr wird sich der Bundesrat nicht nur mit der Bundes-Apothekerordnung (BApO) beschäftigen, sondern auch mit der Arzneimittelverschreibungsverordnung (AMVV). Die Wünsche der Apotheker werden voraussichtlich aber auch in dieser Sache nicht berücksichtigt. Derweil wird beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) schon die nächste Änderung vorbereitet.

Am 29. Januar befasst sich der Bundesrat mit der 14. Verordnung zur Änderung der AMVV. Damit soll unter anderem Racecadotril für Kinder ab dem zwölften Lebensjahr aus der Verschreibungspflicht entlassen werden. Die ABDA wollte die Gelegenheit nutzen, um das Problem der Arztstempel anzugehen und Einheitlichkeit bei der Gültigkeit von Rezepten schaffen.

In einer Stellungnahme von Mitte November zum Verordnungsentwurf forderte die ABDA, dass Apotheker Angaben, die ihnen bekannt sind, ohne Rücksprache ergänzen können. Damit setzte man einen Beschluss des Deutschen Apothekertages (DAT) in Düsseldorf um. Das Problem: Selbst wenn der Apotheker Vornamen und Telefonnummer des Arztes kennt, muss er mit dem Arzt Rücksprache halten, bevor er das Rezept ändern kann.

„Diese Änderungen führten in der Praxis zu Problemen, da die Änderung seitens der Ärzteschaft zum Teil offenbar trotz einer großzügigen Übergangsregelung nicht in allen Fällen umgesetzt worden ist“, hieß es in der Stellungnahme. Die Apotheker befürchteten Retaxationen durch die Krankenkassen. Daher sollte es aus Sicht der ABDA eine arzneimittelrechtliche Möglichkeit geben, fehlende Angaben auch ohne Rücksprache zu ändern.

Darüber hinaus wollte die ABDA die Chance nutzen und eine weitere Forderung des DAT unterbringen: Die Gültigkeit von Verordnungen mit verkürzter Belieferungsfrist – BtM-Rezepte, T-Rezepte und andere – sollte einheitlich auf sieben Tage festgelegt werden. Derzeit dürfen BtM-Rezepte eine Woche lang beliefert werden, T-Rezepte aber nur sechs Tage. Für die abweichenden Gültigkeitsregelungen gebe es keinen sachlichen Grund, argumentierte die ABDA. In der Praxis führten sie aber zu Unsicherheiten.

Doch die Wünsche wurden offenbar nicht erhört – zumindest legte die ABDA Anfang Januar eine zweite Stellungnahme zu der geplanten Verordnung vor und wiederholte ihre Forderungen. Mit Blick auf den Arztstempel heißt es darin: „Bei dieser Ergänzung, die von uns grundsätzlich befürwortet wurde, wurde übersehen, dass es Fälle gibt, in denen die geforderten Angaben zwar fehlen, allerdings vom Apotheker ergänzt werden könnten, da ihm der Vorname und die Telefonnummer der verschreibenden Person bekannt sind.“

Die AMVV soll dahingehen angepasst werden, dass Angaben, „die dem Apotheker bekannt sind“, „auch ohne Rücksprache mit der verschreibenden Person“ ergänzt werden dürfen. Das würde nicht nur für Vornamen und Telefonnummer gelten, sondern für alle Pflichtangaben auf dem Rezept.

Im Bundesrat geht es Ende der kommenden Woche aber nicht um die Vorschläge der ABDA, sondern um den ursprünglichen Verordnungsentwurf. Damit soll das Antidiarrhoikum Vaprino (Racecadotril) auch für Kinder ab zwölf Jahren aus der Rezeptpflicht entlassen werden. Pro Einzeldosis soll eine Obergrenze von 30 mg gelten; die Packung darf nicht mehr als 540 mg, entsprechend 18 Kapseln beinhalten. Gleichzeitig müssen Maßnahmen zur oralen Hydratation unternommen werden.

54 neue Positionen werden der Verschreibungspflicht unterstellt, drei Positionen werden gestrichen: „Choriongonadotropin (human alpha-subunit protein moiety reduced)“, „Choriongonadotropin (human beta-subunit protein moiety reduced)“ und Dimethocain. Die Änderungen sollen am 1. März in Kraft treten.

Eine weitere Änderung soll erst ab März 2018 greifen: Mit der Verordnung sollen Tierarzneimittel mit Praziquantel wieder verschreibungspflichtig werden. Bislang gibt es Ausnahmen für die Anwendung bei Hunden, Katzen und bestimmten Zierfischarten.

Der Sachverständigenausschuss für Verschreibungspflicht befasst sich morgen schon mit den nächsten Änderungen der AMVV: Bei Nasensprays mit Beclometason, Fluticason und Mometason soll die Verkaufsabgrenzung geprüft werden. Damit sollen die Indikationen einander angeglichen werden. Pharmazeutisch gesehen wäre die Angleichung nachvollziehbar: Alle drei Corticoide sind in ihrer Wirkung vergleichbar und werden bei ähnlichen Beschwerden eingesetzt. In der Sichtwahl gibt es Otriven Allergie Aktiv (Novartis), Ratioallerg (Ratiopharm) und Rhinivict nasal (Dermapharm).

Das Aknemittel Differin (Adapalen) könnte ebenfalls rezeptfrei werden. Dem Sachverständigenausschuss liegt ein entsprechender Antrag der Nestlé-Tochter Galderma vor. Sollte die Empfehlung für den OTC-Switch ausgesprochen werden, wäre der wichtigste Wirkstoff zur Akne-Behandlung frei verfügbar.

Auch bei Cannabidiol soll die Verkaufsabgrenzung geklärt werden. Die Sammelposition „Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen, die zur Behebung der Amenorrhoe bestimmt sind, auch wenn sie als Mittel gegen Regel-, Perioden- oder Menstruationsstörungen angekündigt werden, zur Anwendung bei Menschen“ soll aufgehoben werden.