Bestandsmarkt

Nutzenbewertung: Länder wollen Hersteller schützen Benjamin Rohrer, 30.04.2013 17:58 Uhr

Pro Pharma: Die Bundesländer wollen am Freitag beschließen, dass Hersteller gegen Nutzenbewertungen vorgehen können. Foto: Elke Hinkelbein
Berlin - 

Den Herstellern ist die Nutzenbewertung von Arzneimitteln aus dem Bestandsmarkt ein Dorn im Auge. Erst kürzlich hatte der Schweizer Pharmakonzern Novartis gegen die Überprüfung von Galvus (Vildagliptin) geklagt. Mit der AMG-Novelle will die Bundesregierung solche langwierigen Prozesse verhindern. Der Bundesrat könnte der Regierung allerdings einen Strich durch die Rechnung machen: Am Freitag könnten die Länder in erster Lesung eine Regelung verabschieden, nach der die Konzerne gegen Nutzenbewertungen klagen dürfen.

Hintergrund ist die mit dem AMNOG geschaffene Nutzenbewertung von Arzneimitteln: Der Gesetzgeber hatte damals festgelegt, dass neben neuen Medikamenten auch solche aus dem Bestandsmarkt überprüft werden sollen. Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hatte vor einigen Monaten die Gruppe der Gliptine zur ersten Überprüfung aufgerufen.

Novartis hatte gegen diese Entscheidung geklagt. Das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg hatte die Klage im Eilverfahren jedoch abgewiesen. Die Richter empfahlen der Regierung jedoch, künftigen Klagen durch eine Klarstellung im Gesetz vorzubeugen. Mit der AMG-Novelle will die Bundesregierung dieser Empfehlung nachkommen.

Der Bundesrat könnte sich allerdings dagegen aussprechen: Die Ausschüsse der Länderkammer empfehlen dem Plenum, sich bei der Sitzung am Freitag für die Pharma-Klagen auszusprechen.

„Dies könnte zum einen eine verfassungsrechtlich problematische Verkürzung des grundrechtlich verbürgten Rechtes auf effektiven Rechtsschutz darstellen“, heißt es in der Beschlussempfehlung zu der Regelung. Die Bundesregierung solle auch die Folgen eines solchen Klageverbotes bedenken: Denn eine Klage gegen die Entscheidung des G-BA sei dann frühestens nach einem Schiedsverfahren möglich, also nach 15 Monaten. Zu diesem Zeitpunkt dürfte das Medikament schon dem „Generika-Wettbewerb ausgesetzt sein“.

Die Ausschüsse des Bundesrates sehen darin eine potentielle Aushöhlung des Patentschutzes und eine weitere Erschwerung der Refinanzierungsmöglichkeiten für die Forschungsinvestitionen der Hersteller.

Generell sprechen die Länder den Herstellern aus dem Herzen: Die Prüfung des Bestandsmarktes berge nämlich eine eigenständige „wettbewerbs- und innovationspolitische Problematik“.