50 Cent sind mangelnde Anerkennung

Bundesrat: Apotheken brauchen mehr Geld

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Berlin -

Der Bundesrat fordert Nachbesserungen beim Arzneimittel-Lieferengpassbekämpfungs- und Versorgungsverbesserungsgesetz (ALBVVG). Vor allem die Arbeit der Apotheken müsse viel stärker erleichtert und honoriert werden.

Der hessische Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) schilderte die aktuelle Situation: Seit Wochen zwinge eine Scharlachwelle viele Eltern dazu, von einer zur anderen Apotheke zu fahren, um dringend benötigte Medikamente zu besorgen. Die Apotheken wiederum müssten wegen der Lieferengpässe bei Antibiotika oft ausweichen, wodurch das Risiko für Resistenzen steige. Der befristete Import könne zwar kurzfristig für Entlastung sorgen, aber man habe es mit einem weltweiten Mangel zu tun.

Und außerdem seien neben Kindern weitere Gruppen von Engpässen betroffen: Schwangere, Chroniker, Krebskranke. Aktuell seien mehr als 450 Engpässe offiziell gelistet. „Wir befinden uns in einer Situation, wie wir sie noch nie bei Arzneimitteln gehabt haben. Man muss es so sagen: Wir verwalten derzeit den Mangel.“

Die Ursachen seien vielfältig und im Grunde auch nicht überraschend, so Rhein. Der Gesetzentwurf behebe die strukturellen Probleme aber nicht, man müsse die Lieferketten viel stärker und nachhaltiger diversifizieren. Die vorgesehenen Bevorratungspflichten etwa für Klinikapotheken seien ihm angesichts der bestehenden Situation schleierhaft, so Rhein weiter. Damit man nicht länger aneinander vorbeirede, sei ein Austausch mit allen Parteien zwingend erforderlich.

Nachbesserungen bei Apothekenvergütung

Und auch bei den Apotheken seien Nachbesserungen dringend notwendig, so der hessische Ministerpräsident. Bei einem Gipfel zum Thema in Wiesbaden habe ihm die Vertreterin der Apotheken vorgerechnet, dass mit den vorgesehenen 50 Cent gerade einmal die Arbeitskosten für 23 Sekunden gedeckt werden könnte. „Das bildet nicht annähernd den Aufwand ab, den die Apotheken leisten müssen, um die Patienten auch in Engpasssituationen adäquat versorgen zu können. Hier muss dringend nachgebessert werden!“ Die Apothekenvergütung müsse grundsätzlich überarbeitet werden, damit die flächendeckende Versorgung auch in Zukunft gewährleistet bleibe.

Ähnlich argumentierte Baden-Württembergs Gesundheitsminister Manne Lucha (Grüne): „Die Apotheken leisten bei der Bekämpfung der Engpässe einen ganz entscheidenden Beitrag, ohne sie wäre eine schnelle und ausreichende Versorgung nicht leist- und vorstellbar.“ Daher dürfe man ihre Arbeit nicht auch noch erschweren.

Das ALBVVG in seiner jetzigen Form sei aber eine mangelnde Anerkennung der Arbeit der Apotheken im Management der Engpässe. „Wir fordern den Gesetzgeber auf, die Vergütung auf Auskömmlichkeit zu prüfen und Anpassungen vorzunehmen“, so Lucha. Er erinnerte daran, dass man ohne die Apotheken gar nicht durch die Covid-Krise gekommen wäre. „Das wir leider oft vergessen.“

Daher müsse man die finanzielle Situation der Vor-Ort-Apotheke jetzt anpacken. Weitere Verbesserungen seien schnell und relativ leicht möglich. Auch der unbürokratische Austausch müsse weiter erlaubt bleiben. „Verfügbarkeitsabfragen dürfen nicht zum Hindernis werden.“ Apotheken und Großhandel hätten digitale Systeme, daher seien keine separaten Anfragen nötig, die die Arbeit erschwerten.

Keine Retaxationen mehr

Auch Retaxationen beim Austausch und Nullretaxationen insgesamt sollten laut Lucha „im Sinne eines fairen Miteinanders“ von Apotheken und Kassen der Vergangenheit angehören. „Ich fordere den Bund auf, die sinnvollen Änderungsvorschläge der Länder zu berücksichtigen und die notwendigen Verbesserungen umzusetzen.“

Man müsse der Bundesregierung dankbar sein, dass sie einen Entwurf vorgelegt habe. „Die Versorgung der Patienten darf nicht länger gefährdet werden. Wir haben ganz ganz großen Handlungsbedarf – jetzt schon, außerhalb der Erkältungssaison.“

Allerdings gebe es noch einige Schwachstellen, daher müsse man jetzt gemeinsam die Chance ergreifen, die bestehenden Lücken zu beseitigen. Bei den Rabattverträgen müssten europäische Standards auch bei weiteren Wirkstoffgruppen aufgenommen werden, dazu habe man Vorschläge vorgelegt. Dabei dürfe man auch nicht abwarten, sondern müsse die Effekte schon viel früher als wie vorgesehen 2028 evaluieren. Außerdem müssten die Vertragslaufzeiten von zwei auf fünf Jahre verlängert werden, um für Hersteller mehr Planbarkeit und damit Anreize zu schaffen.

„Die Investition in die Zukunftsfähigkeit unserer Gesundheitsversorgung gibt es nicht zum Nulltarif“, so Lucha, „aber weiteres Abwarten können wir uns nicht erlauben.“ Er verwies auf Folgeeffekte für qualifizierte Arbeitsplätze und Umwelt. Man habe bereits zwei Winter hinter sich, in denen es Kinder und Eltern schwer gehabt hätten. „Wenn wir im nächsten Winter noch einmal in einem der entwickeltesten Länder der Welt Probleme mit Fiebersäften haben, dann ist das auch demokratieschädigend!“ Daher habe er das Thema erneut auf die Agenda der nächsten Gesundheitsministerkonferenz (GMK) gesetzt. „Wir haben das Know-how, die Unternehmen und die Infrastruktur, um die Probleme zu lösen.“

Nach den beiden Wortmeldungen stimmte das Plenum mehrheitlich für die Empfehlungen des Gesundheitsausschusses sowie den gemeinsamen Antrag aus NRW und Bayern. Nur die Beibehaltung des Pflichttextes im neutralen Maskulinum fand keine Mehrheit.

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