Bundeskabinett

Kandidatencheck für Merkel III

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Berlin -

Wenn der schwarz-rote Koalitionsvertrag am Mittwoch steht, soll auch die Besetzung des Kabinetts klar sein. Die Parteichefs entscheiden darüber aber erst ganz zum Schluss unter sechs Augen. Nachfolgend eine Liste möglicher Minister, gegliedert nach CDU, CSU und SPD.

CDU: Bei der CDU dürften sich die großen Überraschungen in Grenzen halten. Die Partei der amtierenden Kanzlerin Angela Merkel hat erfahrenes Regierungspersonal. Die Frage ist, wer von den Ministern ein neues Aufgabengebiet übernimmt, und ob es ein neues Gesicht gibt, das die junge CDU-Generation repräsentiert.

ANGELA MERKEL (59): Die dritte Kanzlerschaft Merkels wird von allen akzeptiert. Mit dem Wahlsieg der Union von 41,5 Prozent ist sie in ihrer Position auch kaum angreifbar. Nach Ansicht vieler Parteimitglieder hat sie damit ihren Zenit erklommen. 2005 wurde sie Kanzlerin einer Großen Koalition, 2009 von Schwarz-Gelb. CDU-Chefin wurde sie 2000, nachdem sie als Generalsekretärin die Partei in der Spendenaffäre aufgefordert hatte, sich von Altkanzler Helmut Kohl zu lösen.

RONALD POFALLA (54): Der Jurist wollte schon 2009 lieber ein Fachressort übernehmen, doch Merkel zog es vor, den damaligen Generalsekretär als Kanzleramtsminister an ihre Seite zu holen. Dem Vernehmen nach möchte er seinen Posten gegen die Konzentration auf ein Ressort tauschen, und wird für das Wirtscjaftsministerium gehandelt. Merkel wechselt aber ungern die Pferde, wenn es gut läuft.

WOLFGANG SCHÄUBLE (71): Der Finanzminister war schon Innenminister unter Kohl und hat die größte Regierungserfahrung von allen. In der Union gilt es als unwahrscheinlich, dass der Baden-Württemberger nun ein anderes Ressort übernimmt. Falls doch, könnte sich die Union ihn bestens für das Auswärtige Amt vorstellen.

URSULA VON DER LEYEN (55): Die Arbeitsministerin wird dieses Ressort mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit an die SPD abtreten müssen. Die CDU-Vize gilt auch wegen ihrer hohen Erklärungskunst und Redegewandtheit als Allroundtalent in der Partei, ist aber nicht sehr beliebt. Wegen ihres Vorstoßes zur Frauenquote vor der Wahl mit der Drohung, notfalls mit der Opposition zu stimmen, habe Merkel noch eine Rechnung offen, heißt es. So könnte die Ärztin aus Niedersachsen werden, was sie nicht will: Gesundheitsministerin.

THOMAS DE MAIZIÈRE (59): In der Großen Koalition von 2005 bis 2009 genoss er als Kanzleramtsminister hohen Respekt von beiden Seiten. Als Verteidigungsminister wurde ihm zuletzt wegen des gescheiterten Rüstungsprojekts der Aufklärungsdrohne „Euro-Hawk“ vorgeworfen, sein Ministerium nicht im Griff zu haben. Der aus Bonn stammende und als ruhig und besonnen geltende Politiker wurde in dieser Zeit als nächster Nato-Generalsekretär ins Gespräch gebracht. Er selbst sagt, er wolle Verteidigungsminister bleiben, auch um Fehler zu beheben.

PETER ALTMAIER (55): Je nach Neuzuschnitt des Kabinetts könnte der Umweltminister diesen Job loswerden. Verzichten dürfte Merkel aber nicht auf den kommunikativen, selbstironischen Saarländer in der Regierung. Schon als Parlamentarischer Geschäftsführer der Unionsfraktion bewies er Qualitäten bei der Kompromisssuche und Lösungsfindung. Sollte Pofalla ein Ministerium übernehmen, gilt er als Anwärter für den Posten des Kanzleramtsministers.

JOHANNA WANKA (62): Bildungsministerin wurde sie erst 2013 nach dem Rücktritt von Annette Schavan. Die Union möchte an der promovierten Mathematikerin aus Sachsen festhalten, da sie als langjährige Kultusministerin in Brandenburg und Niedersachsen für die Bund-Länder-Gespräche über eine Grundgesetzänderung zur Lockerung des Kooperationsverbotes in der Bildung Erfahrungen und Kontakte mitbringt. Wanka gilt als konservativ und pragmatisch.

CSU: Parteichef Horst Seehofer hat bereits den Anspruch auf weiterhin drei Ressorts angemeldet und Generalsekretär Alexander Dobrindt als gesetzt bezeichnet. Offen ist, ob die Partei Wert auf eine CSU-Frau im Kabinett legt. Die CSU-Landesgruppenchefin im Bundestag, Gerda Hasselfeldt wird genannt, will aber nicht Ministerin werden.

HANS-PETER FRIEDRICH (56): Seehofer gab dem Innenminister noch im August eine Garantie für das Amt. Nun muss der Bayer aber um seinen Posten bangen. Seehofer bekennt sich jedenfalls nicht mehr zweifelsfrei zu ihm. In der NSA-Abhöraffäre steht Friedrich wegen einer zu weichen Haltung gegenüber den USA unter Druck.

PETER RAMSAUER (59): Auch zu ihm lässt Seehofer Distanz erkennen. Ramsauer hält das Verkehrsministerium für ein Schlüsselressort im Kabinett. Durch die Bundesfinanzierung von Infrastrukturmaßnahmen in den Ländern können sich Verkehrsminister viel Sympathien erwerben. Weil er das zweitstärkste Erststimmenergebnis in Bayern geholt hat, kann Seehofer ihn nur schwer aus dem Kabinett entfernen. Es gilt aber als möglich, dass er Agrar- und Verbraucherschutz übernehmen muss.

ALEXANDER DOBRINDT (43): Er hat als Generalsekretär im Wahlkampf Managerqualitäten bewiesen und sich in den Koalitionsverhandlungen zu einem der wichtigsten Sprachrohre der CSU entwickelt. Ähnliche Beschimpfungen wie die des FDP-Koalitionspartners als „Gurkentruppe“ kommen Dobrindt kaum noch über die Lippen. Er provoziert zwar weiterhin, wägt seine Worte aber stärker ab als früher. Seehofer könnte ihn mit dem Verkehrsministerium belohnen, heißt es in der CSU.

SPD: Hier hängt die Besetzung der womöglich sechs Ministerposten wesentlich von zwei Leuten ab: von Parteichef Sigmar Gabriel und dem Fraktionsvorsitzenden Frank-Walter Steinmeier. Dass beide ins Kabinett eintreten, gilt als unwahrscheinlich. Mit Blick auf die Kanzlerkandidatur 2017 könnte es – so wird in der SPD spekuliert – für Gabriel vorteilhaft sein, die Fraktion zu übernehmen, um entsprechend freier in den Wahlkampf gehen zu können. Auch der Regionalproporz spielt eine Rolle. Nordrhein-Westfalens Ministerpräsidentin Hannelore Kraft wird darauf achten, dass ihr Bundesland nicht zu kurz kommt.

SIGMAR GABRIEL (54): 2009 wurde er zum jüngsten Parteichef seit Willy Brandt gewählt. Der gelernte Lehrer war zudem mit 40 Jahren in Niedersachsen jüngster deutscher Ministerpräsident (1999-2003). Er hat sich von 2005 bis 2009 als Umweltminister Ansehen erworben. Geht er ins Kabinett, wird er Vizekanzler. Zuletzt sprach er oft von der Energiewende als zentralem Projekt – und wird daher als Kandidat für ein Superministerium Energie/Wirtschaft gehandelt.

FRANK-WALTER STEINMEIER (57): Wird für das Auswärtige Amt oder das Finanzministerium gehandelt – wenn er ins Kabinett geht. Er war Kanzleramtschef zu rot-grünen Zeiten, strickte für Gerhard Schröder an der Agenda 2010 mit. Dann wurde der Jurist Außenminister in der Großen Koalition. Seitdem der Westfale auf Vermittlung von Matthias Platzeck in Brandenburg seinen Wahlkreis hat, ist die Region seine zweite Heimat.

ANDREA NAHLES (43): Die Literaturwissenschaftlerin ist seit 2009 Generalsekretärin. Sie spult ein Mammutprogramm ab: hat erst den Wahlkampf organisiert, nun die Steuerung der Koalitionsverhandlungen. Dazu bereitet sie noch den Mitgliederentscheid zur Großen Koalition vor. Die Freundin schnellen Autofahrens hat derzeit wenig Zeit für ihre kleine Tochter Ella Maria und ihren Mann daheim auf einem Hof in der Eifel. Sie gilt als Anwärterin auf das Arbeitsministerium.

THOMAS OPPERMANN (59): Rhetorische Allzweckwaffe der SPD, gern gesehener Talkshowgast. Der Parlamentarische Fraktionsgeschäftsführer und frühere Verwaltungsrichter macht keinen Hehl aus seiner Vorliebe für das Ressort Inneres. Wenn die Union es nicht hergibt, ist er Kandidat für das Justizministerium – überraschend wäre das Auswärtige Amt. Von 1998 bis 2003 war er in Niedersachsen Wissenschaftsminister.

MANUELA SCHWESIG (39): Blitzkarriere seit ihrem Parteieintritt 2003: Die gebürtige Brandenburgerin studierte Steuerrecht und war in Schwerin von 2002 bis 2008 im Finanzministerium tätig, seit 2008 als Sozialministerin. Sie wirkt sehr diszipliniert, unbedachte Äußerungen sind ihr kaum zu entlocken. Kandidatin für das Familienministerium – das Problem: Dann wäre sie auch für das von der SPD heftig bekämpfte Betreuungsgeld zuständig.

BRIGITTE ZYPRIES (60): Sie galt als enge Mitarbeiterin von SPD-Kanzler Gerhard Schröder – aber auch in der Großen Koalition unter Angela Merkel saß sie als Justizministerin im Kabinett. Die Juristin war schon im Team von Kanzlerkandidat Peer Steinbrück für Verbraucherpolitik zuständig. Gilt daher als Kandidatin für das Amt der Verbraucherministerin.

BARBARA HENDRICKS (61): Wacht seit 2007 über die Finanzen der Partei, oft unterschätzt. Sie sitzt seit 1994 im Bundestag und war Parlamentarische Staatssekretärin im Finanzministerium 1998 bis 2007. Hendricks hat Geschichte und Sozialwissenschaften studiert, mit Staatsexamen für das Lehramt. Sie gilt als NRW-Kandidatin für das Kabinett, unklar ist wofür – denkbar wäre das Entwicklungsministerium.

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