Bundes-Apothekerordnung

Dingermann: „Ich bin kein Apotheker mehr“

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Berlin -

Herstellung, Prüfung und Lagerung von Arzneimitteln, Beratung von Patienten und die Meldung von Nebenwirkungen – die geplante Neudefinition pharmazeutischer Tätigkeiten in der Bundes-Apothekerordnung (BApO) orientiert sich stark an der Arbeit in der Offizin. „Für mich ist das ein Skandal“, findet Professor Dr. Theo Dingermann, Seniorprofessor an der Goethe-Universität Frankfurt. „Danach bin ich kein Apotheker mehr.“ Er vermutet, dass die Politik einen umfassenderen Plan verfolgt.

Die BApO soll nach dem Willen des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) an die EU-Richtlinie zur Berufsanerkennung angepasst werden. Bislang heißt es relativ allgemein, eine pharmazeutische Tätigkeit sei insbesondere die Entwicklung, Herstellung, Prüfung oder Abgabe von Arzneimitteln. Künftig werden – analog zu der EU-Richtlinie – beispielhaft zehn Punkte aufgezählt. Während die Richtlinie allerdings nur Mindeststandards für die Anerkennung pharmazeutischer Abschlüsse festlegt, definiert die BApO den Apothekerberuf.

Als Hochschulprofessor ist Dingermann unmittelbar von der Änderung betroffen. „Denn das, was ich jetzt mache, ist in der Definition nicht abgebildet und ist demnach keine apothekertypische Tätigkeit. Das kann ich nur schweren Herzens akzeptieren.“ Seine Aufgabe sei es, komplexe Informationen über Arzneimittel in die Gesellschaft zu bringen – gerichtet an Studenten und Kollegen, aber immer häufiger auch zu Schülern oder fachlichen Laien. „Ich erkläre schwerkranken Patienten ihre Krankheit und ihre Medikamente – das ist eine genuine pharmazeutische Tätigkeit, die zudem extrem wichtig ist.“

Nach der neuen Definition des Apothekerberufs fällt er jedoch komplett durch das Raster. „Vor dem Studium habe ich als Vorexaminierter zwei Jahre in der Apotheke gearbeitet. Das Praktikum nach dem zweiten Staatsexamen musste ich dann nicht mehr machen. Daher habe ich nie als Apotheker im Sinne der neuen Definition in einer Apotheke gearbeitet.“

Trotzdem habe er sich immer als Apotheker gefühlt. Und das sei ihm auch bestätigt worden: „Als ich dem Ruf nach Frankfurt gefolgt bin, wurde ich von der Landesapothekerkammer Hessen angeschrieben und darauf hingewiesen, dass ich selbstverständlich Mitglied in der Kammer zu sein und natürlich auch Beiträge zu zahlen habe. Begründet wurde das damals mit der umfassenden Definition des Apothekerberufs.“

Dass er künftig kein Apotheker, sondern nur noch Pharmazeut sein soll, trifft den Hochschulprofessor zwar nicht ökonomisch, aber emotional: „Ich habe das Gefühl, eiskalt meiner Berufsbezeichnung entzogen worden zu sein.“ Vielleicht werde er sich später noch einmal einige Zeit in eine Apotheke stellen und dann natürlich wieder Apotheker sein.

Nachvollziehen kann er die Einschränkung nicht. Immerhin habe die ABDA eine umfassende und gut formulierte Definition vorgelegt. „Darin heißt es, die Ausübung des Apothekerberufs sei die Ausübung der Arzneimittelkunde, unter anderem in Forschung und Lehre – da gehöre ich rein.“

Von der Argumentation, die Aufzählung werde wie bisher mit „insbesondere“ eingeleitet und sei damit lediglich beispielhaft, will Dingermann nichts wissen. „Wenn man es hätte umfassender formulieren wollen, hätte man das machen können. Das war eine bewusste Aktion“, ist er überzeugt.

Auch hinter dem E-Health- und dem Präventionsgesetz, in denen sich die Apotheker mit ihren Forderungen ebenfalls nicht durchsetzen konnte, vermutet Dingermann einen Generalplan. Für den Hochschulprofessor ist das Vorgehen der Politik nicht verständlich: „Die Gesellschaft investiert 25.000 Euro pro Semester in die Ausbildung von Pharmazeuten – und dann lässt man sie beim Medikationsplan außen vor.“

Dingermann ist inzwischen misstrauisch: „Das ist so absurd, dass man sich fragen muss, was das soll. Die Verantwortlichen in der Politik sind ja bestimmt nicht dumm – dies alles sieht nach einem umfassenderen Plan aus.“ Er warnt vor einer Entakademisierung des Apothekerberufs. „Die akademische Ausbildung ist das A und O. Sie ist die unabdingbare Voraussetzung für den Apothekerberuf. Wenn man neuerdings schon die Leute, die diese Ausbildung vermitteln, aus der Gruppe der Apotheker herausnimmt, dann stellt sich die Frage, ob perspektivisch nicht auch an der Voraussetzung zum Apothekerberuf etwas verändert werden soll.“

So sehr Dingermann die Stellungnahme der ABDA zur BApO begrüßt – ganz überzeugt ist er von der Standesvertretung nicht. „Die ABDA hat dem BMG mit dem Leitbild gute Schützenhilfe geleistet: Denn die Definition des Berufsbildes war stark an den Offizin-Apothekern ausgerichtet.“ Letztlich könne Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) also sagen, er habe doch nur die Leitbilddiskussion aufgegriffen. Auch aus diesem Grund betont Dingermann: „Man muss extrem aufmerksam sein, sonst werden um einen herum Tatsachen geschaffen.“

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