Neben Personalsorgen und Lieferengpässen sind es vor allem die überbordenden bürokratischen Vorgaben, die den Apothekenteams das Leben schwer machen. Laut Bundesgesundheitsministerium (BMG) sind die Apotheken im Grunde selbst schuld. Trotzdem werde man das Thema angehen, verspricht Staatssekretär Dr. Edgar Franke.
Der CSU-Gesundheitsexperte Stephan Pilsinger hatte sich beim BMG erkundigt, warum es für die Apotheken so viele Vorgaben gibt und was die Bundesregierung unternehmen will, „um die Belastung im Interesse der Apotheken und der Patienten zu minimieren“. Er hatte in seiner Anfrage auf eine Studie des Verbands innovativer Apotheken (VIA) verwiesen, nach der die Apotheken in der Bearbeitung von GKV-Rezepten aufgrund der umfänglichen bürokratischen Vorgaben jährlich mit insgesamt etwa einer Milliarde Euro belastet werden.
In seiner Antwort weist Franke darauf hin, dass die Vorgaben von den Rahmenvertragspartnern selbst vereinbart wurden, namentlich den GKV-Spitzenverband und den Deutschen Apothekerverband (DAV) beziehungsweise die Landesapothekerverbände.
Dennoch stellt er eine politische Lösung in Aussicht: „Die Bundesregierung ist bestrebt, durch bessere Rechtsetzung Bürokratie abzubauen. Entsprechende Möglichkeiten werden fortlaufend geprüft.“
Pilsinger will diese schwammige Antwort nicht hinnehmen: „Unsere Apotheken in Zeiten von Lieferengpässen auf jährlichen Bürokratiekosten von einer Milliarde Euro allein wegen der GKV-Rezepte sitzen zu lassen, ist nicht hinnehmbar. Die Bundesregierung verweist achselzuckend auf die Selbstverwaltung und tut mal wieder nichts. Nicht einmal das E-Rezept bekommt die Ampel hin, wofür die Union noch unter dem damaligen Bundesgesundheitsminister Spahn die Grundlagen gelegt hatte. Minister Lauterbach bleibt aufgerufen, Bürokratie und Frist abzubauen, damit unsere Apotheken ihren eigentlichen Versorgungsauftrag für die Patienten erfüllen können.“
Im Koalitionsvertrag hatte sich die Ampel einen Bürokratieabbau auf die Fahne geschrieben: „Wir durchforsten das SGB V und weitere Normen nach auch durch technischen Fortschritt überholten Dokumentationspflichten. Durch ein Bürokratieabbaupaket bauen wir Hürden für eine gute Versorgung der Patienten ab. Die Belastungen durch Bürokratie und Berichtspflichten jenseits gesetzlicher Regelungen werden kenntlich gemacht. Wir verstetigen die Verfahrenserleichterungen, die sich in der Pandemie bewährt haben. Sprachmittlung auch mit Hilfe digitaler Anwendungen wird im Kontext notwendiger medizinischer Behandlung Bestandteil des SGB V.“
Bis Ende September 2023 will das BMG Empfehlungen zum Bürokratieabbau im Gesundheitswesen erarbeiten, so sieht es das GKV-Finanzstabilisierungsgesetz (GKV-FinStG) vor. Außerdem sollen bis dahin Vorschläge für gesetzliche Vorgaben zu „einheitlichen Mindestkriterien zur Offenlegung der Service- und Versorgungsqualität der Krankenkassen“ gemacht werden.
Laut Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) sollen in diesem Zusammenhang auch Nullretaxationen angegangen werden. „Darunter verstehen wir bspw. auch die Abschaffung von Retaxationen bei einfachen Fehlern des oder der verordnenden Ärzt*in wie bspw. eine fehlende Dosierangabe“, schrieb das Büro von Habeck im Herbst an Schleswig-Holsteins Kammerpräsident Dr. Kay Christiansen.
Zuletzt hatte der SPD-Gesundheitspolitiker Dirk Heidenblut im Bundestag angekündigt, dass er Nullretaxationen angehen will.
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