Keine Kontrolle möglich

Bürgertests: KVen boykottieren Abrechnung

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Berlin -

Die Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) drohen mit dem Boykott der Bürgertests. Das geht aus einem Brief an Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hervor. Eine Abrechnung wäre dann nicht möglich.

„Nach sehr sorgfältiger Prüfung der neuen Testverordnung müssen wir Ihnen vor dem Hintergrund der schon jetzt bestehenden, eklatanten Betrugsproblematik mitteilen, dass die Kassenärztlichen Vereinigungen Bürgertestungen zukünftig nicht mehr abrechnen und auszahlen können“, heißt es in dem Brief, der APOTHEKE ADHOC vorliegt und über den zuerst das RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) berichtet hatte.

Bereits in der Vergangenheit habe sich gezeigt, dass die durch das Ministerium vorgesehene und von den KVen durchgeführte Abrechnungsprüfung Betrugsfälle nicht habe verhindern können. Nach den neuen Regelungen müssten nun zusätzlich detaillierte Anspruchsvoraussetzungen nachgewiesen werden. Diese Prüfung sei erst recht nicht möglich.

„Aufgrund der Erfahrungen in der Vergangenheit können wir nicht darauf vertrauen, dass alle Teststellen die Leistungen korrekt
erbringen werden“, heißt es in dem Schreiben. Es könne nicht davon ausgegangen werden, dass tatsächlich nur Personen getestet werden, bei denen auch die Anspruchsvoraussetzungen nach der neuen Regelung vorliegen. Zudem könne man nicht davon ausgehen, dass die Teststellen alle Personen ausreichend über die neuen Anspruchsvoraussetzungen aufklären und alle erforderlichen Nachweise und Selbsterklärungen prüfen.

„Die sehr kleinteiligen und detaillierten Anspruchsvoraussetzungen gingen völlig an der Realität des Testgeschehens vorbei und seien im Nachhinein nicht von den Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) überprüfbar“, heißt es weiter. „Im Ergebnis können die Kassenärztlichen Vereinigungen nicht verantworten, sehenden Auges Auszahlungen auf Abrechnungen zu leisten, deren Richtigkeit sie nicht ansatzweise prüfen können.“ Das gelte umso mehr vor dem Hintergrund, dass gegen die KV Berlin bereits staatsanwaltschaftliche Ermittlungen wegen der Auszahlung von Finanzmitteln liefen.

Nur 4 Stunden zur Vorbereitung

Die KVen kritisieren auch, dass sie vor Veröffentlichung der neuen Testverordnung nur 4 Stunden und 15 Minuten Zeit gehabt hätten, die neuen Regelungen zu kommentieren. Reaktionen habe es seitens des Ministeriums darauf nicht gegeben.

Weiter heißt es in dem Brief: „Vor diesem Hintergrund und aufgrund der neuen, kleinteiligen Anspruchsvoraussetzungen und des damit vorhersehbaren Anstiegs von nicht überprüfbaren Falschabrechnungen sehen sich die Kassenärztlichen Vereinigungen außer Stande, ab dem 30. Juni 2022 erbrachte Bürgertestungen nach § 4a TestV abzurechnen und die Vergütung auszuzahlen.“

Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) erklärte: „Wir gehen davon aus, dass die KVen als Körperschaften des öffentlichen Rechts ihren Auftrag zur Abrechnung und Stichprobenprüfung der Testzentren weiterhin nachkommen werden.“ Es solle aber Gespräche geben: „Im Dialog werden wir kurzfristig mit den KVen erörtern, wie die neuen Regeln unbürokratisch umzusetzen sind.“

Ärzte sind nicht verpflichtet

Zuvor hatte die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV), die den Brief ebenfalls unterzeichnet hat, massive Kritik geübt, die aber nicht gehört wurde. „Die Praxen sind keine Kontrollbehörden und leiden jetzt schon unter der massiven Bürokratie“, kritisierte KBV-Chef Dr. Andreas Gassen. „Wie soll am Empfangstresen geprüft werden, ob jemand beispielsweise einen Besuch bei einem Vorerkrankten plant und sich deshalb testen lassen will?“, sagte Vizechef Dr. Stephan Hofmeister.

Die Arztpraxen sollten deshalb und auch angesichts des massiven bürokratischen Aufwands genau prüfen, ob sie Bürgertestungen weiterhin anbieten, wiesen die KBV-Vorstände hin. Sie seien dazu nicht verpflichtet.

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