Transparency International

Bürger finden Parteien korrupt dpa, 10.12.2010 09:13 Uhr

Berlin - 

Viele Bundesbürger halten vor allem Parteien und Politiker für käuflich - noch vor Wirtschaft und Behörden. Insgesamt sehen sie die Korruption in Deutschland weiter auf dem Vormarsch. Dies geht aus dem neuen Korruptionsbarometer der Antikorruptions-Organisation Transparency International (TI) hervor, für das in Deutschland 1000 Bürger befragt wurden.

Bei der Frage nach der Korruptionsanfälligkeit rangieren die politischen Parteien mit einem Wert von 3,7 ganz vorne, gefolgt von Privatwirtschaft (3,3) und öffentlichem Sektor (3,2). Justiz und Polizei schneiden dagegen im Urteil mit 2,4 und 2,3 besonders gut ab. Die Noten für die Beurteilung reichen von „5“ (höchst korrupt) bis „1“ (überhaupt nicht korrupt).

„Wir halten diese Zahlen für ein Warnsignal, das die politischen Parteien aufrütteln sollte“, sagte die Vorsitzende von TI Deutschland, Edda Müller. Ihre Organisation führt die schlechte Politiker-Benotung vor allem auf den in der Bevölkerung als negativ empfundenen Einfluss von Lobbygruppen - etwa Energiekonzerne oder Pharmaindustrie - zurück. Müller erinnerte auch an die Korruptionsfälle bei Siemens oder VW.

Bei der weltweiten TI-Umfrage waren 60 Prozent der Befragten der Ansicht, Bestechung habe in den vergangenen drei Jahren zugenommen - in Deutschland waren es sogar 70 Prozent. Müller sieht darin ein Zeichen gewachsener Sensibilität. Einer von vier der international Befragten hat nach eigenem Bekunden in den vergangenen zwölf Monaten selbst Schmiergeld an Behörden oder Dienstleister gezahlt. In Deutschland lag dieser Anteil bei nur zwei Prozent.

Von jenen, die Bestechungsgelder zahlten, gab etwa die Hälfte zur Begründung an, sie hätten damit Probleme umgehen wollen. Ein Viertel zahlte, um Entscheidungen zu beschleunigen. Berichtet wird von Zahlungen an Polizei-, Gesundheits- und Steuerbehörden. Weltweit wurden mehr als 91 000 Menschen in 86 Ländern und Regionen befragt.