Zukunftswerkstatt

BtM-Rezepte: Bald nur noch auf der Blockchain?

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Berlin -

Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hat die Digitalisierung im Gesundheitswesen zur Chefsache gemacht. Dazu gehört nicht nur, das E-Rezept per Gesetz zu forcieren und sich die Macht in der Gematik zu sichern, sondern auch der Kontakt an die Graswurzeln: Wer entwickelt welche zukunftsfähigen Konzepte und wie kann das Ministerium dabei Unterstützung leisten? Eine der Technologien, der eine große Zukunft prophezeit wird, ist Blockchain. Deshalb hat das BMG einen Blockchain-Wettbewerb ausgelobt. Die Gewinner: Ein Mediziner und eine Unternehmensberaterin, die ein elektronisches BtM-Rezept entwickelt haben.

Beim Begriff Blockchain verstehen die meisten Menschen nur böhmische Dörfer. Viele Experten aus Wirtschaft und Wissenschaft hingegen sehen darin trotz aller Kritik eine der wichtigsten Zukunftstechnologien, denn sie vereint mehrere entscheidende Eigenschaften: ein hohes Maß an Sicherheit, Transparenz und Partizipation bei gleichzeitiger dezentraler Datenverwahrung. Dabei ist die Grundidee der Blockchain denkbar simpel: Sie ist ein digitales Kerbholz. So wie die Kerben auf den zwei Hälften des Bretts wird eine Liste von Datensätzen mittels kryptographischer Verfahren nacheinander „eingeritzt“ – beziehungsweise aneinander gekettet. Jeder Block erhält dabei neben einem Zeitstempel und Transaktionsdaten einen sogenannten Hash, der eine große Eingabemenge auf einer kleinen Zielmenge abbildet.

Sehr stark vereinfacht ausgedrückt: Der Endnutzer hat einen bestimmten Wert, der zum Beispiel als fünf plus drei ausgedrückt ist. Auf der Blockchain ist der Wert acht gespeichert. Bei der Verifizierung müssen beide Werte in der Summe übereinstimmen. Der Vorteil: Aus dem Wert acht auf der Blockchain lässt sich nicht herleiten, dass er aus fünf plus drei besteht. Es könnten ja auch vier plus vier, sechs plus zwei und so weiter sein. Aufgrund dieser Verschlüsselung ist es so gut wie unmöglich, vertrauliche Informationen aus einem Block zu klauen.

All die Daten eines Blocks bauen wiederum auf dem vorherigen auf. Eine Transaktion kann nur als richtig bestätigt werden, wenn sie mit den Daten früherer Transaktionen übereinstimmt. Würde man einen Block manipulieren, fiele das deshalb sofort auf, denn dann würden Berechnungen der nachfolgenden Blöcke plötzlich Fehler aufweisen – denn die Blockchain ist durch ihre dezentrale Natur absolut transparent, jeder kann darauf zugreifen. Das ist ein weiterer Vorteil: Es bedarf keiner zentralen Autorität, die für die Verifizierung verantwortlich ist.

Die möglichen Anwendungsgebiete sind breit gestreut, den meisten dürften umstrittene Kryptowährungen wie Bitcoin bekannt sein, die zum Teil auf Blockchain-Technologie basieren. Das ist jedoch nur die Spitze des Eisbergs: Von der Absicherung von Lieferketten in der Logistik über Finanzdienstleistungen bis hin zum Gesundheitswesen gibt es in beinahe allen Wirtschaftsbereichen Ideen und Konzepte zur Anwendung. Das weiß man auch im BMG. Und so lobte Spahn vergangenen Herbst einen Blockchain-Wettbewerb aus, um zu sondieren, welche Anwendungen im Gesundheitswesen möglich und sinnvoll sind.

Der Rücklauf konnte sich sehen lassen: 142 Einsendungen erhielt Spahns Haus, das Spektrum reicht von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen bis hin zur Organtransplantation. „Die eingereichten Anwendungen und Skizzen helfen bei der weiteren Sondierung und Prüfung, ob weitere Forschungsförderungen auf den Weg gebracht werden sollten“, so das BMG über den Wettbewerb. 30.000 Euro erhielten die ersten drei Plätze der „Zukunftswerkstatt“ am Dienstag, wie das BMG die Veranstaltung nannte. Auch in die Blockchain-Strategie der Bundesregierung sollen die Erkenntnisse einfließen. Im Frühjahr sollen die Konsultationen stattfinden, im Sommer soll sie dann vorgestellt werden.

Besonders viel Potential für Blockchain-Technologie sieht das Ministerium offenbar beim Kampf gegen den Missbrauch von verschriebenen Betäubungsmitteln. Den Award holten sich nämlich Dr. Christian Sigler und Irina Hardt mit dem Projekt „eBtM“. Der Charité-Arzt und die auf Cybersicherheit spezialisierte Unternehmensberaterin von McKinsey haben gemeinsam ein Anwendungskonzept entwickelt, bei dem alle Betäubungsmitteltransaktionen „sicher, unveränderbar und nachvollziehbar“ in einem verteilten Register gespeichert und übertragen werden sollen, wie Sigler beschreibt. „Das BtM-Rezept wird zu einem Smart Contract, der in einer privaten Blockchain durch Arztpraxen, Apotheken und Aufsichtsbehörden gemeinsam verwaltet wird.“

Statt die jeweiligen Transaktionen parallel bei den verschiedenen Akteuren zu archivieren, werden sie in einer gemeinsamen Datenstruktur abgelegt, die alle gemeinsam pflegen – eine private Blockchain von Ärzten, Apothekern und Behörden. Auch hier von Vorteil: Keine der Transaktionen kann im Nachhinein manipuliert werden. Hinzu kommt, dass die physische Archivierung der sensiblen Patientendaten in Apotheken und Arztpraxen entfällt. Die Frage ist nun, was aus dem Projekt wird, denn der Wettbewerb habe nicht nur gezeigt, welche Vorteile Blockchain gegenüber konventionellen IT-Lösungen hat, sondern auch „Nachteile wie gegebenenfalls hohe Initialkosten, die es zu berücksichtigen gilt“, so das Ministerium.

Blockchain, KI, Big Data, neue Diskurswelten in sozialen Medien: Welche Technologien muss die Apotheken- und Pharmabranche verstehen und zu nutzen lernen? Wohin geht die digitale Reise im Gesundheitswesen? Diese und andere zentrale Zukunftsfragen diskutieren Experten und Brancheninsider bei der Digitalkonferenz VISION.A von APOTHEKE ADHOC. Rund 30 hochkarätig Top-Speaker widmen sich am 20. und 21. März in Berlin dem wichtigsten Zukunftsthema der Branche. Neben Professor Dr. Jürgen Schmidhuber, einem der Väter Künstlicher Intelligenz, spricht unter anderem Professor Dr. Viktor Mayer-Schönberger, international renommierte Koryphäe auf dem Gebiet des datengetriebenen Kapitalismus.

Dunja Hayali zeigt auf, wie man mit kontroversen Diskursen in sozialen Medien umgeht, während Biologe, Unternehmer und Fotograf Florian Kaps erklärt, wie man das Analoge ins digitale Zeitalter rettet und Dr. Tu-Lam Pham zeigt, wie Technologie und soziale Medien Gesundheit und Fitness auf der ganzen Welt verändern. Mit den VISION.A Awards werden auch in diesem Jahr wieder die innovativsten Konzepte und Geschäftsideen ausgezeichnet. Sichern Sie Das ganze Line-Up, alle Informationen und Tickets gibt es hier.

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