Arzneimittelversorgung

Brexit trifft Versandapotheken

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Berlin -

Im immer wahrscheinlicher werdenden Fall eines ungeregelten Brexits würden britische Versandapotheken über Nacht nicht mehr auf das Festland liefern dürfen. Das hat die Bundesregierung jetzt auf eine Kleine Anfrage der FDP-Bundestagsfraktion bestätigt. Eine Auswirkung auf die Versorgungssicherheit habe das nicht. Auch sonst sieht die Bundesregierung nach eigenen Angaben keine Gefahr, dass es nach einem harten Brexit zu Versorgungsproblemen bei Arzneimitteln kommen könnte.

Kommt es zu einem harten Brexit, ist das hierzulande das vorläufige Aus für Arzneimittelversender aus Großbritannien. „Sofern keine entsprechenden Vereinbarungen im Rahmen der Brexitverhandlungen geschlossen werden, wird ein Versand von Arzneimitteln durch im Vereinigten Königreich ansässige Versandapotheken nach Deutschland nicht mehr zulässig sein“, so die Bundesregierung. Großbritannien ist Sitz einer ganzen Reihe an Versandapotheken, die größte und älteste unter ihnen ist die 1999 gegründete Pharmacy2U.

Tatsächlich aber haben alle hierzulande wesentlichen Versender ihren Hauptsitz diesseits des Ärmelkanals – obwohl Großbritannien neben Island, Schweden, den Niederlanden und Tschechien auf der Länderliste des Bundesgesundheitsministeriums steht. Direkt betroffen wäre hingegen DrEd: Eine Verlagerung des Firmensitzes in die EU wäre hier notwendig, wenn der Telemedizin-Anbieter seine Dienste hierzulande noch anbieten will – bereits seit Frühjahr waren derartige Erwägungen dort auf dem Tisch.

Wie viele Versandapotheken es überhaupt gibt, die aus Großbritannien nach Deutschland versenden, weiß die Bundesregierung nach eigenen Angaben selbst nicht. „Relevante Auswirkungen auf die Versorgungssituation der Verbraucher“, nach denen die FDP gefragt hatte, sieht sie zumindest nicht. Es gebe derzeit „keine konkreten Hinweise darauf, dass der Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union in Deutschland zu unüberbrückbaren Problemen in der Versorgung mit Arzneimitteln führen wird“, zeigt sich die Regierung zuversichtlich.

Dabei bezogen sich die Fragen, die die FDP-Fraktion unter Federführung ihrer gesundheitspolitischen Sprecherin Christine Aschenberg-Dugnus stellte, vor allem auf die künftige Gültigkeit von Arzneimittelzulassungen, aber auch auf „gravierende Beeinträchtigungen bestehender Lieferketten“ bei der Herstellung und Prüfung von Arzneimitteln.

45 Millionen Packungen Arzneimittel verlassen Großbritannien jeden Monat in Richtung EU, in die umgekehrte Richtung gehen 37 Millionen Packungen. Laut Mike Thompson, Hauptgeschäftsführer des britischen Pharmaverbands ABPI, gehen 90 Prozent dieser Im- und Exporte durch das Nadelöhr Calais. In Politik und Wirtschaft wächst in den letzten Monaten die Angst, dass im immer wahrscheinlicher werdenden Falle eines ungeregelten Austritts Großbritanniens aus der EU die dort verlaufenden Lieferketten abreißen könnten.

Denn es existiert keine ausreichende Infrastruktur, um die dann notwendigen beiderseitigen Zollkontrollen in angemessener Zeit durchzuführen. Die Bundesregierung geht auf diese Befürchtungen, die unter anderem von der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) und manchen Herstellern geteilt werden, nicht weiter ein, sondern verweist auf die vorangegangene Antwort.

Darin hatte die FDP nach der wechselseitigen Gültigkeit von zentralen und dezentralen Arzneimittelzulassungen in der EU und Großbritannien gefragt. Dezentrale Zulassungen, die Großbritannien als Referenzland erteilt hat, müssen demzufolge auf andere EU-Staaten übertragen werden. Das sei bereits zum jetzigen Zeitpunkt möglich. In wie vielen Fällen das bereits erfolgt ist und wie viele noch ausstehen, weiß die Bundesregierung nach eigenen Angaben nicht.

Man bereite sich allerdings bereits „entsprechend auf den damit möglicherweise einhergehenden Mehraufwand für die deutschen Arzneimittelzulassungsbehörden vor“. Durch die EMA seien darüber hinaus bereits Co-/Rapporteurschaften für zentrale Arzneimittelzulassungen auf andere Mitgliedstaaten verteilt worden. Dabei geht es darum, das Produktportfolio, also zentral zugelassene Arzneimittel und solche, für die ein zentrales Zulassungsverfahren bereits begonnen wurde, auf die nationalen Zulassungsbehörden zu verteilen.

Ein Großteil der von Großbritannien betreuten (Co-)Rapporteurschaften im Humanarzneimittelbereich seien an das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) und das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) gegangen. Zentrale Arzneimittelzulassungen, die durch die EMA erteilt wurden, sind wiederum innerhalb Europas weiterhin gültig, nicht jedoch in Großbritannien. Das sicherzustellen, liege jedoch im Zuständigkeitsbereich der britischen Regierung – ist also kein Problem der EU oder gar Deutschlands.

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