Als Antwort auf den demografischen Wandel plant die Landesregierung Brandenburg nach 1993 eine weitere umfassende Verwaltungsreform bis zum Jahr 2020. Die Anzahl der Kreise und kreisfreien Städte soll sinken und damit der schrumpfenden Bevölkerungszahl angepasst werden. Um Widerstände gegen damit verbundene Kompetenzverluste zu brechen, sollen Aufgaben von der Landes- auf die Kommunalebene verlagert werden – unter anderem die Aufsicht über die Apotheken, Arzneimittel und Medizinprodukte. Dagegen läuft die Landesapothekerkammer Brandenburgs (LAK) Sturm. Sie fürchtet die „Gefahr irreparabler gesundheitlicher Schäden für die Bevölkerung“.
Gleich in zwei Stellungnahmen wendet sich die LAK gegen die Reformpläne der Landesregierung. Weil eine gemeinsame Reaktion mit der Landesärztekammer und der Landeszahnärztekammer kein Gehör fand, schob die LAK eine eigene Positionierung nach. Die angestrebte Kommunalisierung werde die „Effektivität und Qualität“ der Apothekenaufsicht „erheblich verringern“, beklagt die LAK. Derzeit wird die Aufsicht von einem halben Dutzend Mitarbeiter zentral für ganz Brandenburg vom Landesamtes für Soziales und Versorgung (LASV) ausgeführt.
In den Kommunen sei für die neue Aufgabe Personal weder nach der Anzahl noch nach „spezieller Kompetenz“ vorhanden. In Brandenburg seien derzeit bereits 35 bis 40 Apothekerstellen nicht besetzt, dazu zählen aber auch Gesuche von Gesuchen. Insbesondere in ländlichen Gebieten werde auf absehbare Zeit das notwendige Personal nicht zu Verfügung stehen, so die LAK in ihrer Stellungnahme, zumal für einen Job in der Aufsicht eine „Approbation allein“ als Qualifikation nicht ausreiche.
Außerdem verlangten Maßnahmen zur Abwehr von Arzneimittel- und Medizinproduktrisiken „unverzügliches Handeln“. Die angestrebte Dezentralisierung der Apothekenaufsicht könne „verursacht durch nicht ausreichende Fachkompetenz oder unterschiedliche Ermessenserwägungen“ zu einem Vertrauensverlust in der Bevölkerung führen und damit „negative Auswirkungen auf die gesundheitliche Betreuung haben“, befürchtet die Kammer weiter.
Zu negativen Konsequenzen führen könne die Dezentralisierung der Aufsicht insbesondere für Filialapotheken mit Standorten in unterschiedlichen Landkreisen. Diese könnten von mehreren kommunalen behördlichen Entscheidungen betroffen sein – mit unterschiedlichen „Ermessensausübungen“. Das werde in hohem Maße zu Rechtsunsicherheit führen, schreibt die LAK.
Die rot-rote Landesregierung Brandenburgs unter SPD-Ministerpräsident Dietmar Woidke treibt die Verwaltungsreform seit einem Jahr voran. Es gab bereits Anhörungen und einen „Reformkongress“ in Cottbus. Nach derzeitigem Diskussionsstand soll die Zahl der Landkreise von heute 14 deutlich verringert werden. Von den vier kreisfreien Städten Cottbus, Brandenburg, Frankfurt Oder und Potsdam soll nur die Landeshauptstadt übrig bleiben.
Zur Verwaltungsstrukturreform hat die Landesregierung ein umfassendes „Leitbild“ vorgelegt. Darin heißt es unter dem Punkt „Funktionalreform“, dass die „Überwachung der Apotheken, Arzneimittel und Medizinprodukte“ auf die kommunale Ebene übertragen werden soll.
Mit einer Fläche von fast 30.000 km² ist Brandenburg das fünftgrößte Bundesland. Seine aktuell rund 2,46 Millionen Einwohner leben in 418 Städten und Gemeinden, wovon 31 Städte und 239 Gemeinden zusammen 52 Ämter bilden. Es gibt laut dem Ministerium gegenwärtig 200 hauptamtliche Verwaltungen auf der gemeindlichen Ebene, die für eine Einwohnerzahl zwischen 2772 in der Gemeinde Uckerland und 163.203 in der Landeshauptstadt Potsdam zuständig sind.
„Für alle genannten Träger öffentlicher Aufgaben stellt zuallererst die weitere demografische Entwicklung in Brandenburg eine große Herausforderung dar. Die Bevölkerungsprognose macht dies deutlich sichtbar: Bereits bis 2030 wird die Einwohnerzahl des Landes um etwa 10 Prozent sinken. Die Siedlungsdichte innerhalb des Landes wird sich in diesem Zeitraum noch ungleichmäßiger entwickeln, und der Altersdurchschnitt der Bevölkerung wird weiter ansteigen“, rechtfertigt die Landesregierung ihre Pläne. Angesicht der schrumpfenden Einwohnerzahl und der damit verbundenen finanziellen Zwänge müssten „effiziente wie effektive Verwaltungsstrukturen“ geschaffen werden.
Bis Mitte 2016 soll die Verwaltungsstrukturreform weiter diskutiert werden. Bis dahin hofft die Landesapothekerkammer mit ihren Argumenten durchzudringen. Die LAK-Stellungnahme wurde dazu an alle Ausschussmitglieder des Innen- und Gesundheitsausschusses des Landesparlaments und an alle Landräte versandt.
APOTHEKE ADHOC Debatte