Dobbert-Alarm: Apotheker dringend gesucht APOTHEKE ADHOC, 27.02.2017 14:21 Uhr
In unruhigen Zeiten feiert die Landesapothekerkammer Brandenburg ihr 25-jähriges Bestehen. Nicht nur das EuGH-Urteil lastet schwer auf den Apothekern, auch Nachwuchssorgen plagen die 575 Apotheken. Und davon ist auch Kammerpräsident Jens Dobbert selbst betroffen: „Ich suche zwei Apotheker. Ich finde niemanden“, beklagt Dobbert im Interview mit der Märkischen Allgemeinen Zeitung.
So gehe es vielen Apothekern im Lande, weiß Dobbert: „Es ist ein ganz akutes Problem, das immer heftiger wird.“ In der Landeshauptstadt Potsdam merke man das vielleicht nicht. „Aber in der Lausitz oder in der Uckermark schon“, so Dobbert. Brandenburg gehört in seinen ländlichen Regionen zu den sehr dünn besiedelten Gebieten in Deutschland. Abgeblitzt bei der Politik ist die Landesapothekerkammer in der Vergangenheit mit der Forderung nach einem Studiengang Pharmazie in Potsdam.
Neben Bremen sei Brandenburg das einzige Bundesland ohne eigenen Studiengang, beklagt Dobbert: „Wenn junge Menschen aus Brandenburg, die Pharmazie studieren möchten, dies in ihrem Heimatland tun können, dann werden sie eher hier bleiben und eine Apotheke übernehmen“, glaubt Dobbert. „Klebeeffekt“ nennt der Kammerpräsident das. Im benachbarten Berlin kann nur noch an der Freien Universität Pharmazie studiert werden. 60 Plätze seien aber zu wenig für die Bundeshauptstadt und Brandenburg.
Wissenschaftsministerin Martina Münch (SPD) habe gerade erst für den Ärztenachwuchs betont, wie wichtig es sei, Mediziner im Land auszubilden: „Das sehen wir auch so. Wir verstehen aber nicht, warum das für künftige Apotheker nicht gelten soll“, so Dobbert. Dafür würde sich die Uni Potsdam anbieten, weil dort Chemie und Biologie gelehrt würden. Bei 70 Studenten pro Semester koste dies fünf Millionen Euro. Leider fehle dafür aber der politische Wille.
Ohne Pharmaziestudium sei in zehn Jahren die Aufregung groß. Denn dann erreichten 30 Prozent der Apothekeninhaber das Rentenalter. Dobbert: „Wir haben arge Sorgen, dass wir dann nicht mehr genügend Apotheker haben.“ Hinzu komme, dass der letzte Ausbildungsjahrgang der Pharmazie-Ingenieure aus DDR-Zeiten das Rentenalter erreiche. „Auch sie müssen wir ersetzen. Es besteht doppelter Handlungsdruck“, so Dobbert.
Die flächendeckende Versorgung Brandenburgs mit Arzneimitteln sieht Dobbert in Gefahr, falls es nicht zu einem Rx-Versandverbot kommt: „Es würde ein schleichender Prozess einsetzen“, sagte der Kammerpräsident: „Ich habe die Sorge, dass die flächendeckende Versorgung in Brandenburg nicht mehr aufrechtzuerhalten wäre.“ Außerdem sei eine „Übermacht“ der Versandapotheken bei den Verhandlungen mit den Kassen zu befürchten.
Obwohl es im gesamten Bundesgebiet 2016 erneut einen leichten Rückgang am, sind die Apothekenzahlen in den neuen Bundesländern weitgehend stabil geblieben. Brandenburg war sogar das einzige Bundesland, in dem es Ende 2016 mehr Apotheken gab als 2008 (575 statt 572). In Berlin gab es seitdem unter dem Strich 52 Schließungen, das entspricht einer Quote von 5,8 Prozent. In Thüringen wurden 21 Betriebsstätten aufgegeben (minus 3,7 Prozent), in Sachsen-Anhalt waren es 17 (minus 2,8 Prozent). In Sachsen fallen sieben Schließungen weniger ins Gewicht (minus 0,7 Prozent). In Mecklenburg-Vorpommern ist die Zahl von 407 auf 406 zurückgefallen.