Erst kürzlich hat der Deutsche Ärztetag sich dafür ausgesprochen, dass Patienten ohne persönlichen Arztkontakt nur noch per Telemedizin behandelt werden können. Der Bundesärztekammer wurde ein entsprechender Prüfauftrag erteilt. Dagegen stemmt sich jetzt die Landesärztekammer Brandenburg (LÄK). Brandenburgs Ärzte stünden Modernisierungen zwar offen gegenüber. „Die Möglichkeit der Fernbehandlung weitgehend voraussetzungslos einzuräumen, ist jedoch nicht der richtige Weg“, so die LÄK.
Zukünftig soll die Durchführung von Modellprojekten zur Fernbehandlung möglich sein, bei denen die bisherigen Voraussetzungen der Berufsordnung nicht länger gelten sollen, kritisieren die Ärzte Brandenburgs. Der bislang erforderliche, wenigstens einmalige direkte Arzt-Patient-Kontakt solle wegfallen. „Die Landesärztekammer Brandenburg kann diese Entscheidung nicht unterstützen“, heißt es in einer Erklärung.
Aus der Sicht der Landesärztekammer Brandenburg ist die aktuelle Regelung in der Berufsordnung für Ärzte bezüglich der Fernbehandlung von Patienten ausgewogen und bedarf keiner Änderung. Sie erlaubt eine Fernbehandlung dann, wenn sichergestellt ist, dass wenigstens ein einmaliger Arzt-Patient-Kontakt stattgefunden hat. Diese Regelung sichere eine Mindestqualität der Behandlung, sie verhindere Fehlbeurteilungen und schütze Patient und Arzt gleichermaßen. In Notfällen seien zudem schon bisher Fernbehandlungen ohne diese Einschränkung möglich.
Der Landesärztekammer sind die Risiken einer totalen Freigabe der Telemedizin zu groß: „Die Überlegung, Fernbehandlungen nun auch bei gänzlich unbekannten Patienten in der Regelversorgung zuzulassen oder eine Beratung zu gewähren, ohne dass der Patient direkt untersucht wird, birgt nicht vertretbare Risiken für die Gesundheit des Patienten, die völlig unnötig eingegangen werden.“ Dem Arzt würden durch die ausschließliche Behandlung per Medium wichtige Sinneswahrnehmungen genommen, die er für eine qualitativ hochwertige Untersuchung dringend benötige.
Auch grundlegende Untersuchungen, die zu einer gesicherten Diagnose führen könnten, wie Blutabnahmen oder Urinproben, seien nicht möglich. Dies könne zu gefährlichen Fehldiagnosen führen. Die gegenwärtige Regelung in der Berufsordnung gleiche dieses Defizit bei Fernbehandlungen aus, indem sie mindestens eine einmalige Begegnung des Patienten mit einem „realen“ Arzt voraussetzt.
Neben diesen medizinischen Sorgen treiben die Ärzte aber auch andere Überlegungen um: Bei einer umfassenden Freigabe der Telemedizin sehen sie ihre Behandlungsposition gefährdet. Es wäre beispielsweise denkbar, dass vergleichbar mit Call-Centern, Ärzte mit Sitz im Ausland rund um die Uhr Telemedizin in Deutschland anbieten könnten.
Einer der Protagonisten des Ausbaus telemedizinischer Möglichkeiten beim Ärztetag war laut Ärztezeitung Dr. Ulrich Clever, Präsident der Ärztekammer Baden-Württemberg. Sie hat ein Modell zur erweiterten telemedizinischen Versorgung unter ihrer berufsrechtlichen Aufsicht entwickelt. Hintergrund sind die Aktivitäten der Medgate-Organisation in Basel, ein Callcenter, das telemedizinische Beratungen für schweizerische Patienten anbietet, in dem aber auch deutsche Ärzte arbeiten, zum Teil sogar aus ihrem Home-Office in Deutschland. Dies wäre ein Verstoß gegen das spezifische Fernbehandlungsverbot der deutschen Berufsordnung.
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