BPI attackiert EU-Kommission APOTHEKE ADHOC, 21.06.2016 11:49 Uhr
Die EU-Kommission plant laut Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI) eine wissenschaftliche Überprüfung der Health-Claims-Verordnung. In Brüssel berate man über die Zielvorgaben der Untersuchung zu gesundheitsbezogenen Angaben bei Lebensmitteln, die pflanzliche Stoffe (Botanicals) enthielten, so der BPI. Der Verband kritisiert das Vorhaben und fordert die Bundesregierung auf, die Bewertung der Botanicals durch die Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) durchzusetzen.
Gesundheitsbezogene Angaben und Werbeaussagen auf Lebensmitteln müssen nachprüfbar und durch Studien belegt sein. Seit 2006 gilt die EU-Verordnung zu Health Claims, mehr als 200 gesundheitsbezogene Aussagen wurden von der EFSA bereits zugelassen. Angaben zu pflanzlichen Inhaltsstoffen wurden bislang jedoch ausgespart. Rund 2000 Claims werden daher derzeit von den Herstellern verwendet, ohne dass deren Stichhaltigkeit bewiesen wäre.
Die EU-Kommission hatte den Prozess im September 2010 überraschend gestoppt und unlängst sogar grundsätzlich infrage gestellt. Offenbar geht es darum, die Hersteller von Nahrungsergänzungsmitteln zu schützen. Jetzt soll untersucht werden, ob die Prüfung angemessen ist.
„Das Ergebnis der Studie ist schon jetzt vorgegeben: Hier soll die Grenze zwischen Lebensmitteln und Arzneimitteln aufgehoben werden. Das gefährdet den Verbraucherschutz massiv“, sagt BPI-Hauptgeschäftsführer Henning Fahrenkamp zu der geplanten Überprüfung.
Eine Aufweichung der Health-Claims-Verordnung sei für den Verbraucher trügerisch: „Pflanzliche Produkte, die wie ein Arzneimittel anmuten, aber keiner behördlichen Prüfung unterliegen, können dann nicht von überwachten und sicheren Arzneimitteln unterschieden werden. Produkte mit nicht geprüften Gesundheitsaussagen gehören nicht in den Markt. Die Bundesregierung muss endlich auf die Durchsetzung des längst geltenden europäischen Rechts bestehen“, so Fahrenkamp.
Auch der Bundesverband der Arzneimittel-Hersteller (BAH) übt massive Kritik an der Verzögerungstaktik in Brüssel. Die Bundesregierung teilt diese Ansicht. Gesundheitsbezogene Angaben müssten auch für alle Lebensmittel wissenschaftlich fundiert sein, hieß es im Frühjahr 2014 als Antwort auf eine Kleine Anfrage der Grünen. Auch bei pflanzlichen Inhaltsstoffen, bei denen es einen „traditionellen“ Gebrauch geben könne, müsse die Zulässigkeit der Claims wissenschaftlich bewertet werden.
In Deutschland können Wettbewerbsvereine und Wettbewerber gegen irreführende Aussagen vorgehen und für entsprechende Produkte sogar eine Zulassung als Traditionsarzneimittel fordern. In Ländern wie Italien oder Großbritannien werden pflanzliche Präparate aber seit jeher als Nahrungsergänzungsmittel vertrieben. Bionorica, Dr. Willmar Schwabe sowie der Zulassungsdienstleister Diapharm hatten die EU-Kommission sogar schon wegen Untätigkeit verklagt, vor dem Gericht der Europäischen Union (EuG) aber eine Schlappe kassiert.