EuGH-Spezial

Bot bestätigt Fremdbesitzverbot Alexander Müller, 16.12.2008 10:26 Uhr

Berlin - 

Yves Bot hat das Fremdbesitzverbot für Apotheken bestätigt. Der EU-Generalanwalt hat soeben vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg seine Schlussanträge zum Vorlageverfahren des Verwaltungsgerichts Saarbrücken gestellt. Darin heißt es: „Der Generalanwalt sieht in der festgestellten Beeinträchtigung keinen Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht, da er die Beschränkung der Niederlassungsfreiheit durch das Ziel des Gesundheitsschutzes für gerechtfertigt hält.“

Bot stellte fest, „dass die fraglichen nationalen Vorschriften bewirken, dass die Angehörigen der Mitgliedstaaten, die keine Apotheker sind, am Besitz und am Betrieb einer Apotheke in Italien und in Deutschland gehindert werden. Zwar stellen diese Vorschriften eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit dar, da sie den Marktzugang von natürlichen oder juristischen Personen behindern, die in den betreffenden Mitgliedstaaten eine Apotheke eröffnen wollen, sie sind jedoch nach Ansicht des Generalanwalts gerechtfertigt.“

Bei der Prüfung, „ob die deutschen und italienischen Vorschriften im Hinblick auf ein im Allgemeininteresse liegendes Erfordernis wie den Gesundheitsschutz gerechtfertigt sind“, kommt Bot zu der Schlussfolgerung, „dass der Mitgliedstaat bestimmen kann, auf welchem Niveau er den Schutz der Gesundheit der Bevölkerung gewährleisten will und wie dieses Niveau erreicht werden soll.“

Laut Schlussantrag steht die Qualität der Arzneimittelabgabe „in engem Zusammenhang mit der Unabhängigkeit, die ein Apotheker bei der Erfüllung seiner Aufgabe wahren muss.“ Deutschland und Italien wollten Bot zufolge mit dem Fremdbesitzverbot die wirtschaftliche Struktur der Apotheken gegen äußere Einflüsse abschotten. Durch die finanzielle Unabhängigkeit wird nach Ansicht des Generalanwalts die freie Berufsausübung gewährleistet.

Die Anwesenheitspflicht eines angestellten Apothekers, der Aufgaben in Beziehung zu Dritten wahrnimmt, könne dagegen eine angemessene Arzneimittelversorgung der Bevölkerung nicht mit demselben Qualitäts- und Neutralitätsanspruch bei der Arzneimittelabgabe gewährleisten, argumentierte Bot.

Schließlich sieht der Generalanwalt in der Verknüpfung der Betriebserlaubnis für eine Apotheke mit der Person des Apothekers ein wirksames Mittel, um die Ordnungsmäßigkeit der Arzneimittelversorgung der Bevölkerung sicherzustellen, insbesondere weil für den Apotheker als Betreiber der Apotheke im Fall eines Berufsvergehens die Gefahr besteht, dass ihm nicht nur die Approbation, sondern auch die Betriebserlaubnis entzogen wird, woraus sich schwerwiegende wirtschaftliche Folgen ergeben.

Die Schlussanträge des Generalanwalts sind für die Richter am EuGH nicht bindend, in 80 Prozent der Fälle folgen sie jedoch seiner Empfehlung. Ein Urteil wird im Frühjahr 2009 erwartet.

Zum Hintergrund:
Das deutsche Vorlageverfahren geht auf die DocMorris-Apotheke in Saarbrücken zurück. Der damalige saarländische Finanz- und Gesundheitsminister Josef Hecken erlaubte der Kapitalgesellschaft im Juli 2006 den Betrieb einer Apotheke. Das Fremdbesitzverbot verstoße gegen EU-Gemeinschaftsrecht, so die Begründung. Im März 2007 legte das Verwaltungsgericht Saarbrücken den Fall im Hauptsacheverfahren dem EuGH zur Vorabentscheidung vor.

Die italienische Regierung bekam im März 2005 ein Mahnschreiben von Binnenmarktskommissar Charlie McCreevy. Die EU-Kommission kritisierte neben dem Fremdbesitzverbot um ein Beteiligungsverbot von Großhändlern an kommunalen Apothekenketten. Im Juni 2006 verklagte die Kommission Italien vor dem EuGH. Bereits im Jahr 2004 hatte sich der Pharmahandelskonzern Celesio bei der EU-Kommission über italienische Regelungen beschwert.

Die EU-Kommission hat zudem gegen Bulgarien, Deutschland, Frankreich, Österreich, Portugal, und Spanien Vertragsverletzungsverfahren wegen des Apothekenrechts eingeleitet. Dem EuGH liegen weitere Vorabentscheidungsersuchen italienischer und spanischer Gerichte vor.