Boldt: „Apotheker können mehr“ APOTHEKE ADHOC, 25.09.2019 12:29 Uhr
Ein Bekenntnis zur Apotheke vor Ort hat der stellvertretende Vorstandsvorsitzende des Bundesverbandes der Arzneimittel-Hersteller (BAH), Tobias Boldt (Bayer), abgelegt: „Die Versorgung vor Ort mit der persönlichen Ansprache und Beratung gilt es aufrechtzuerhalten“, sagte er zur Eröffnung der Expopharm. Dabei ziehe der BAH mit den Apothekern an einem Strang.
„Ich glaube, wir sind uns alle darüber einig, dass wir gemeinsam vor riesigen Herausforderungen stehen, die Infrastruktur insbesondere in ländlichen Regionen angesichts des demografischen Wandels aufrechtzuerhalten. Hinzu kommt die Digitalisierung, die die bekannten Lebens- und Wirtschaftsmuster rigoros infrage stelle. Dieser Wandel wird nicht spurlos an der Versorgung vor Ort und am Apothekenmarkt vorübergehen“, so Boldt. Daher seien jetzt Ideen und Konzepte für die Apotheke vor Ort wichtig.
Die persönliche Beratung könne niemand ersetzen. Das sähen auch die Befragten des BAH-Gesundheitsmonitors so: 86 Prozent der Deutschen seien mit der Beratung bei ihrem letzten Apothekenbesuch zufrieden gewesen. Boldt: „Der unmittelbare persönliche Kontakt mit den Patienten ist also durch nichts zu ersetzen. Die Rolle der Apotheke vor Ort gilt es zu stärken, indem sie mehr Kompetenzen erhält und dadurch in ihrer Bedeutung für die Arzneimittelversorgung aufgewertet wird. Denn Apotheker können mehr.“
Das derzeit diskutierte Apothekenstärkungsgesetz biete dazu viele Chancen. Darin solle unter anderem auch der Grundstein für die Übernahme weiterer pharmazeutischer Aufgaben gelegt werden. „Es freut uns, dass die Politik damit Ideen zur Verbesserung der Versorgung formuliert, die sich mit den Impulsen decken, die der BAH in seinen Perspektivpapieren gesetzt hat“, so Boldt weiter. Ebenfalls positiv bewerte der BAH die Entscheidung, dass Vertragsärzte Verschreibungen für eine wiederholte Abgabe ausstellen dürfen.
Gerade bei solchen Folgeverordnungen komme den Apothekern für die Sicherstellung der Arzneimitteltherapiesicherheit und die Erhöhung der Therapietreue eine wichtige Rolle zu. Denn das könne nur funktionieren, wenn der Apotheker die Patienten auch persönlich in Augenschein nehme. Für chronisch kranke Menschen seien solche Folgeverordnungen eine spürbare Entlastung, denn sie müssten nicht mehr für jede erneute Ausstellung eines Rezepts zum Arzt.
Patientenzentriert könne eine Arzneimittelversorgung nur sein, wenn sie flächendeckend sei. Die Preisbindung für verschreibungspflichtige Arzneimittel müsse zum einen für alle Handelsstufen gelten. „Und dann müssen auch zwingend sowohl für in- und ausländische Versandapotheken als auch für gesetzlich Versicherte und Privatversicherte gleiche Preise gelten. Nur eine einheitliche Regelung für alle Apotheken und alle Versicherten ist der Garant für eine flächendeckende, gleichmäßige Arzneimittelversorgung auch in Zukunft“, so Boldt.
In Zukunft komme den Apothekern eine „sehr wesentliche Rolle als Lotsen im Gesundheitswesen zu“, sagte der BAH-Vize. Mit ihrem Selbstverständnis und Ihrer Funktion als heilberufliche Berater könnten sie sich mit beratungsintensiven Dienstleistungen und Produkten vom Versandhandel abgrenzen. Dazu brauche es weitere OTC-Switches, die den heilberuflichen Status des Apothekers zusätzlich profilierten: Mehr Selbstmedikation in Verbindung mit der heilberuflichen Beratung durch die Apotheker könne letztendlich dazu führen, dass Ärzte entlastet würden – insbesondere in strukturschwachen Regionen.
Die größten Veränderungen bringe die Digitalisierung mit sich, die in großen Schritten voranschreite. Nächste große Baustelle sei die Umsetzung des E-Rezepts. Und hier sei die Politik gefordert, denn hier gebe es zu Recht große Sorgen, wie ein E-Rezept letztendlich ausgestaltet sein werde. Boldt: „Sehr gut, dass Sie das Thema mit der neuen Patienten-App proaktiv angehen und mitgestalten. Denn die digitale Welt hat ja ihre eigenen Spielregeln, die sich schnell zugunsten einiger weniger Player und zum Nachteil vieler auswirken können. Auch hier ziehen wir an einem Strang, dass das E-Rezept letztendlich dem Wohl der Patienten dient. Unser gemeinsames Ziel ist es also, die Vor-Ort-Apotheke mit all ihren einzigartigen Kompetenzen nicht nur zu erhalten, sondern zu stärken – und zwar flächendeckend.“