Geleakte Dokumente

BMWi: Spahn hat das Rx-Versandverbot verkauft

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Berlin -

Hat Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) sich seine Abkehr vom Rx-Versandverbot bei den Apothekern erkauft? Diese Wahrnehmung bestand im laufenden Gesetzgebungsverfahren zumindest innerhalb des Bundeswirtschaftsministeriums (BMWi). Aus den von WDR, NDR und Süddeutscher Zeitung (SZ) geleakten Dokumenten aus dem Ressort von Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) geht hervor, wie tief der Graben zwischen den Ministerien ist. Die Papiere dürften beide Kabinettsmitglieder unter Druck setzen.

In einem Vermerk aus dem BMWi heißt es: „Es ist mit weiteren finanziellen Zuwendungen für die Apotheken zu rechnen, um die Zustimmung zum Erhalt des Versandhandels zu erreichen“. Auch sei „hoher zeitlicher Druck nicht unwahrscheinlich“. Aus BMWi-Sicht sollte auf einem eigenen Gesetzgebungsverfahren bestanden werden.

Spahn hatte sich relativ früh gegen das im Koalitionsvertrag vereinbarte Rx-Versandverbot entschieden und den Apothekern Alternativen vorgeschlagen. Sein Apothekenstärkungsgesetz sieht nunmehr ein – rechtlich allerdings wackliges – Verbot von Rx-Boni im GKV-Bereich sowie mehr Geld für Apotheken vor. Dabei werden zum Teil bestehende Leistungen besser vergütet sowie Mittel für zusätzliche Dienstleistungen bereitgestellt. Die ABDA trägt dieses Konzept weitgehend mit, hat in einer Stellungnahme aber auch noch Änderungswünsche geäußert.

Spahn hatte die Honorarerhöhungen zunächst mit in sein Gesetz geschrieben, in einer späteren Fassung wurden diese ausgeklammert und in eine gesonderte Verordnung gepackt. Denn für Honorarfragen der Apotheker ist in der Regierung nicht das BMG, sondern das BMWi zuständig.

Über das Vorgehen Spahns gab es einige Verstimmung im Nachbarressort, wie aus den Dokumenten hervorgeht. Das BMWi sei der Verordnungsgeber für die Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV) und lege damit die Preiszuschläge fest – für den Großhandel und für die Apotheken, heißt es. Die Kollegen aus dem BMG seien dagegen für Arzneimittel, die Arzneimittelversorgung und das Apothekenwesen zuständig. „BMG greift immer wieder unabgestimmt in die Verordnungskompetenz des BMWi ein“, so die Kritik.

Das Wirtschaftsressort befürchtete schon damals, dass die Kollegen aus dem BMG auch in anderen Bereichen mit eigenen Vorschlägen zur Apothekervergütung die Zuständigkeit des BMWi untergraben würden. „Trotz mehrfacher Aufforderung zum Dialog auf unterschiedlichen Ebenen liegen dem BMWi noch keine Informationen vor, welche Strategie BMG im Arzneimittelbereich verfolgt“, heißt es in dem Schreiben. Das BMG halte gegenüber den Ressorts Informationen zurück, so der Vorwurf, stehe aber „in intensivem Kontakt mit Apothekerverbänden“. Von den Plänen des BMG erfahre das BMWi in der Regel aus der Fachpresse.

Das BMWi hatte auch die geplante Anhebung im Bereich der Zytostatika-Versorgung scharf kritisiert: Die Wirtschaftlichleit der Maßnahme sei zweifelhaft, das BMG habe keine Daten vorgelegt. Damit blieb für das BMWi unklar, ob die geplante Festvergütung im Vergleich zu Preisverhandlungen innerhalb der Selbstverwaltung überhaupt ein geeignetes Mittel sei, „um kriminelles Handeln von Apothekerinnen und Apothekern zu vermeiden“. In Klammern dahinter steht folgende Aussage: „Argumentation des BMG: Gebt den Apothekern mehr Honorar/Geld dann betrügen sie nicht, ist nicht vermittelbar.“ Das BMG liefere weder eine Ursachenanalyse des Zytoskandals noch erkläre es die Anreize der Preisinstrumente. So könne aber keine geeignete wirtschaftliche Regelung getroffen werden.

Das BMWi wiederum steht unter Druck, weil es bei der geplanten Abschaffung der Importquote dazwischen gegrätscht war. Die nunmehr erfolgte Anpassung der Importquote geht offenbar maßgeblich auf ein Einschreiten Altmaiers zurück. Denn auf einer Vorlage für Staatssekretärin Claudia Dörr-Voß vom 10. Dezember ist das Wort „Zustimmung“ mit rotem Stift durchgestrichen und handschriftlich „Leitungsvorbehalt“ hinzugefügt, das heißt, die Leitung des BMWi behielt sich das letzte Wort bei der vom Gesundheitsministerium (BMG) geplanten Änderung vor. Einen Tag später, am 11. Dezember, hieß es in einer E-Mail an die Fachabteilung im BMWi: „Bundesminister möchte dazu direkt mit Bundesminister Spahn sprechen.“ Am 8. Januar hält das BMWi in einem Vermerk zu einer Abteilungsleitersitzung mit ausdrücklichem Verweis auf den saarländischen Importriesen Kohlpharma noch einmal fest: „Position BMWi: Minister-Vorbehalt („Kohlpharma“)“.

Zwischen BMWi und BMG knirscht es fast schon regelmäßig, wenn es um Apothekenfragen geht. Auch bei der Anpassung des Großhandelshonorars gab es einiges Hin und Her. Das BMG wollte Skonti komplett unter die gesetzliche Rabattgrenze subsumieren, das BMWi setze eine Formulierung durch, die handelsübliche Skonti und Rabatte unabhängig voneinander existieren lässt.

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