BMG-Website: Spahn löscht Lunapharm-Aussagen Lothar Klein, 23.07.2019 15:18 Uhr
Vor gut einem Jahr sorgte der „Lunapharm-Skandal“ um angeblich aus Griechenland gestohlene Krebsmedikamente für Schlagzeilen. Inzwischen hat Lunapharm vor Gericht in erster Instanz einen Teilerfolg gegen das ARD-Magazin Kontraste erzielt und Brandenburg auf Entschädigung verklagt. Vor Gericht gezogen ist Lunapharm aber auch gegen das Bundesgesundheitsministerium. Mit dem Fall Lunapharm wurde unter anderem das Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung (GSAV) begründet. Inzwischen hat Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) Lunapharm-Aussagen von der BMG-Internetseite löschen lassen.
Geklagt hatte Lunapharm gegen Spahns Haus zunächst vor dem Berliner Verwaltungsgericht. Dieses hatte das Verfahren jedoch nach Köln verwiesen, weil das BMG immer noch seinen Hauptsitz in Bonn unterhält. Das BMG sagte dem Verwaltungsgericht Köln zu, die „streitbefangenen Äußerungen“ nicht mehr auf seinem Internetauftritt zu veröffentlichen. Es ging um die Aussage zu angeblich kriminellen Machenschaften von Lunapharm. Gelöscht hat das BMG daraufhin auch die Erwähnung des Lunapharm-Falls in einem Artikel auf der BMG-Seite aus Anlass der Beschlussfassung über das GSAV vom 11. Juli.
Auch der Link zur Rede Spahns am 4. April 2019 im Bundestag wurde deaktiviert. Es gebe auch keine Hinweise darauf, dass die beanstandeten Behauptungen mittels eines anderen Mediums vom BMG wiederholt würden. Es bestehe auch keine Wiederholungsgefahr. Daher sieht das Verwaltungsgericht Köln keinen Anlass für eine sofortige Entscheidung. Stattdessen räumt das Gericht dem BMG „ausnahmsweise eine großzügige Frist“ für die Erwiderung der Lunapharm-Klage ein. Mehrfach hatte Spahn als Grund für die Erarbeitung des GSAV auf den Fall Lunapharm verwiesen. Als Begründung diente zudem der Zytoskandal von Bottrop mit gepanschten Parenteralia. Im GSAV wurden unter anderem die Zuständigkeiten der Aufsichtsbehörden neu geregelt und unangemeldete Kontrollen eingeführt.
Um wie viel Geld es bei der Klage gegen das BMG geht, ist nicht bekannt. Auch das Land Brandenburg müssste tief in die Kasse greifen, sollte das Gericht in einer weiteren Klage zu Gunsten Lunapharms entscheiden: „Es handelt sich um einen hohen zweistelligen Millionenbetrag“, sagte Klaus Kocks, Sprecher von Lunapharm. Auch eine Sprecherin des Brandenburgischen Gesundheitsministeriums bestätigte die Forderung nach einer Entschädigung. Ein entsprechender Antrag sei eingegangen und werde vom Landesamt geprüft, sagte sie auf Anfrage. Zuvor hatte die Märkische Allgemeine Zeitung darüber berichtet. Die genannte Forderung von rund 70 Millionen Euro wollten weder das Unternehmen noch die Ministeriumssprecherin bestätigen.
Dem Unternehmen war vorgeworfen worden, mit angeblich in Griechenland gestohlenen Krebsmedikamenten gehandelt zu haben. In Zusammenhang mit der Aufklärung trat Gesundheitsministerin Diana Golze (Linke) zurück. Das Unternehmen hat die Vorwürfe komplett zurückgewiesen und will nächsten Donnerstag seine Sicht der Dinge auf einem Pressetermin darlegen.
Derweil geht der Rechtsstreit zwischen Lunapharm und dem Fernsehsender RBB um die Berichterstattung zu illegalem Handel mit Krebsmedikamenten in die nächste Instanz. Der RBB hat Berufung gegen das Urteil des Berliner Landgerichts eingelegt, wonach Teile des im ARD-Magazin „Kontraste“ ausgestrahlten Berichts unzulässige Verdachtsberichterstattung gewesen seien, bestätigte Gerichtssprecher Thomas Heymann. Inzwischen hat auch Lunapharm Berufung eingelegt, weil das Gericht der Schadensersatzforderung Lunapharms nicht stattgegeben hatte.
Der Teil des Berichts, der Lunapharm unter den Verdacht krimineller Machenschaften gestellt habe, sei vorverurteilend gewesen, hatte die Pressekammer in ihrem Urteil Mitte Juni gerügt. Andere Aussagen des Berichts, die sich mit einer möglichen Unwirksamkeit der Krebsmedikamente befassten, seien jedoch zulässig gewesen, weil es sich um Fragen des Patientenwohls gehandelt habe. Der RBB hatte bereits nach dem Urteil angekündigt, in Berufung zu gehen. „Wir sind weiter von der Richtigkeit unserer Recherchen überzeugt“, sagte RBB-Sprecher Justus Demmer.