Der Bottroper Zytoskandal hat Fragen zur Kontrolle der Herstellung von Zytostatika für Krebspatienten aufgeworfen. Die Bundesregierung sieht aber keinen Anlass, sich in die Diskussion einzuschalten und die Vorschriften zu verschärfen. Das geht aus der Antwort des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) auf eine Anfrage der Fraktion Die Linke hervor. Nach Angaben der Bundesregierung wurden 2016 rund vier Milliarden Euro zulasten der Krankenkassen für die ambulante Zyto-Versorgung ausgegeben.
Derzeit steht der Bottroper Apotheker Peter S. vor Gericht. Ihm wird vorgeworfen, circa 60.000 Krebsarzneimittel mit zu wenig oder ohne Wirkstoff hergestellt zu haben. Er soll die Kassen um 56 Millionen Euro betrogen haben. Die Fraktion Die Linke wollte von der Bundesregierung wissen, wer die Zytostatika herstellenden Apotheken und Herstellerbetriebe und die Einhaltung der Vorschriften kontrolliert. In seinen Antworten verweist das BMG auf die Zuständigkeit der Länder: „Die Überwachung der Apotheken und pharmazeutischen Herstellerbetriebe obliegt den Ländern“, heißt es dort. Angefügt hat das BMG eine Liste der in den Ländern zuständigen Behörden.
Diese hätten sich bei der Überwachung der Apotheken davon zu überzeugen, dass die Vorschriften über das Apothekenwesen beachtet würden. Dazu zählen laut BMG die Anforderungen an die Hygiene, die Räumlichkeiten und das Personal sowie die Vorgaben zur ordnungsgemäßen Herstellung von Arzneimitteln und zur Qualitätssicherung. Auch die Richtigkeit der Herstellungsprotokolle und der Bezug der Wirkstoffe über zulässige Lieferanten müsse geprüft werden. Keine Angaben kann die Bundesregierung aber zu tatsächlichen Durchführungen der Kontrollen machen: „Der Bundesregierung liegen keine Informationen darüber vor, inwieweit entsprechende Überprüfungen stattfinden.“
Nach den gesetzlichen Vorgaben sollten Inspektionen laut BMG durch die Behörden auch unangemeldet erfolgen. Die zuständigen Behörden sollten Arzneimittelproben amtlich untersuchen lassen. Die Bundesregierung habe aber keine Kenntnis darüber, „in welchem Umfang unangemeldete Inspektionen von Apotheken stattfinden und in welchem Umfang bei parenteralen Rezepturarzneimitteln Proben zum Zwecke einer amtlichen Untersuchung entnommen werden“, so das BMG.
Wie bekannt habe das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen als Reaktion auf die Bottroper Geschehnisse die Apothekenüberwachung in NRW neu geordnet. Danach sollen jetzt bei der Herstellung von Infusionsarzneimitteln verstärkt unangemeldete Inspektionen durchgeführt werden. Außerdem seien Regelungen zu Kriterien für die amtliche Probennahme und -untersuchung getroffen worden. Darüberhinaus hätten die Länder „bisher keine entsprechenden Forderungen nach erweiterten Dokumentationspflichten erhoben“, schreibt das BMG.
Grundsätzlich müsse in Apotheken insbesondere pharmazeutisches Personal in ausreichender Zahl vorhanden sein, schreibt das BMG. Bei Zyto-Apotheken ergebe sich das erforderliche Personal aus Art und Umfang der Herstellung. Das Personal müsse ausreichend qualifiziert sein und regelmäßig geschult werden. Auch dies unterliege der behördlichen Überwachung. Die Apotheken seien zudem verpflichtet, ein entsprechendes Qualitätsmanagementsystem zu betreiben. Eine QMS-Zertifizierung sei aber nicht vorgeschrieben.
Mit dem QMS müssen laut BMG die betrieblichen Abläufe in der Apotheke festgelegt und dokumentiert werden. Die Dokumentation sei „ein Kernelement“ des Qualitätsmanagements und eine wichtige Grundlage für die Überwachung. Bezüglich der Herstellung von Arzneimitteln enthielten die Vorschriften über das Apothekenwesen konkrete Vorgaben, insbesondere zur Herstellungsanweisung, zur Dokumentation der pharmazeutischen Plausibilitätsprüfung und zum Herstellungsprotokoll. Das QMS müsse diese Vorgaben „korrekt und vollständig abbilden“. Keinen Grund sieht die Bundesregierung gegenwärtig, diese Vorgaben zu verschärfen. Die bestehenden „umfangreiche Dokumentationspflichten“ ermöglichten eine Rückverfolgung aller Vorgänge.
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