Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) hat Berichte zurückgewiesen, wonach man sich in der Erarbeitung eines neuen Apothekengesetzes nur mit der ABDA ausgetauscht habe. „Natürlich gibt es einen ständigen Austausch der Leitungsebene zu diesen Themen auch mit den Krankenkassen“, sagte eine Sprecherin gegenüber APOTHEKE ADHOC. Minister Jens Spahn (CDU) selbst sei daran nicht beteiligt gewesen.
Die grüne Bundestagsabgeordnete Kordula Schulz-Asche hatte beim BMG nachgefragt, wie oft sich Vertreter der im Zusammenhang mit dem Eckpunktepapier zur „Stärkung der flächendeckenden Versorgung – Weiterentwicklung der Apotheken – Sicherung der freien Apothekenwahl“ mit Vertretern der Apotheker (ABDA oder Deutscher Apothekerverband) und wie oft mit anderen Akteure wie dem GKV-Spitzenverband getroffen hätten. Die Süddeutsche Zeitung (SZ) hatte das am Wochenende zum Thema gemacht, der Focus hatte den Beitrag aufgegriffen. Auch die FAZ hatte unter der Überschrift „Apotheker kämpfen um ihre Privilegien“ über den Austausch zwischen ABDA und BMG berichtet.
Die Parlamentarische Staatssekretärin Sabine Weiss hatte Schulz-Asche am 16. Januar geantwortet. In dem Schreiben heißt es, man stehe „grundsätzlich im Kontakt mit einer Vielzahl von Akteuren“. Eine Dokumentationspflicht für diese Gespräche bestehe zwar nicht, auf der Grundlage vorliegender Unterlagen und Aufzeichnungen konnte Weiss aber folgende Angaben machen: „Im Zusammenhang mit den Inhalten des Eckpunktepapiers […] gab es insgesamt elf Termine von Vertretern der Leitungsebene des Bundesministeriums für Gesundheit mit Vertretern der Apothekerverbände.“
Es könne aber nicht ausgeschlossen werden, dass es „am Rande von Veranstaltungen oder sonstigen Terminen zu weiteren Kontakten mit Akteuren des Gesundheitswesens gekommen ist, bei denen über mögliche Veränderungen im Apothekenbereich gesprochen wurde“.
Im Büro Schulz-Asche interpretiert man diese Aussage so, dass sich die BMG-Spitze ausschließlich mit der ABDA ausgetauscht hat: „Wenn man sich in Vorbereitung auf einen Gesetzentwurf elf Mal mit Vertretern der Apotheken trifft und kein einziges Mal mit anderen Teilnehmern des Gesundheitswesens, wie zum Beispiel den Patienten oder Krankenkassen muss man sich als Gesundheitsminister fragen lassen, ob man Politik nur für eine Lobbygruppe macht. Patientenorientierte Gesundheitspolitik sieht jedenfalls anders aus.“
Die BMG-Sprecherin stellt klar, dass man sich natürlich auch mit den Krankenkassen zu diesem Thema ausgetauscht habe. An diesen Gesprächen habe zwar nicht der Minister teilgenommen, sie hätten aber auf Leitungsebene stattgefunden. Ein Sprecher des GKV-Spitzenverbands teilte auf Anfrage mit: „Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass wir uns nicht zu politischen Gesprächen äußern.“
Bei den zitierten elf Treffen mit den Apothekern sei Spahn in sechs Fällen persönlich dabei gewesen, eingerechnet der öffentlichen Auftritte beim Deutschen Apothekertag (DAT) im Oktober sowie der ABDA-Mitgliederversammlung im Dezember.
Aus Sicht des BMG ist es zudem vollkommen normal, dass ein Reformpaket „im Dialog mit den Betroffenen erarbeitet“ werde. Der Minister habe den Apothekern Rede und Antwort gestanden, was seine Pläne betrifft. Das gelte aber für alle Berufsgruppen: So habe Spahn in der vergangenen Woche eine Großveranstaltung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) besucht. „Natürlich redet der Minister mit den Betroffenen, das ist keine Besonderheit der Apotheker“, so die Ministeriumssprecherin.
Schulz-Asche ist mit dem Verlauf der Debatte insgesamt unzufrieden: „Eine gute Versorgung von Patienten mit Arzneimitteln scheint der Bundesregierung völlig egal zu sein. Das zeigt auch die seit über zwei Jahren andauernde, unsinnige Diskussion um ein mögliches Versandverbot verschreibungspflichtiger Arzneimittel.“ Die grüne Gesundheitsexpertin kritisiert den politischen Stillstand, der seit dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) herrscht. „Ungeachtet dieser höchstrichterlichen europäischen Rechtsprechung und des marginalen Marktanteils des Versandhandels von etwa einem Prozent fordert die ABDA jedoch auch mehr als zwei Jahre später weiterhin die Wiedereinführung der Preisbindung für alle Marktteilnehmer“, so Schulz-Asche.
Die grüne Politikerin macht sich selbst Sorgen um die flächendeckende Versorgung und verweist im Zusammenhang mit der sinkende Apothekenzahl auf die Prognose des 2hm-Gutachtens, wonach weitere 7600 Standorte gefährdet sind. „Ich werde daher nicht müde zu betonen, dass Probleme und Lösungen der Apotheken in ganz anderen Bereichen als dem Versandhandel mit rezeptpflichtigen Medikamenten liegen. Vielmehr ist es das starre und einheitliche Vergütungssystem, das dafür sorgt, dass bei kleinen Apotheken zu wenig und bei großen dafür umso mehr Geld landet.“
Sie sieht in einer besseren Vergütung der Nacht- und Notdienste ein geeignetes Steuerungsinstrument zur Unterstützung versorgungsrelevanter Apotheken gerade auch im ländlichen Raum. „Auch die stärkere Stellung der Apothekerschaft als Heilberuf kommt derzeit viel zu kurz, obwohl infolge der Alterung unserer Gesellschaft und komplexeren Medikationen die Arzneimittelexpertise der Pharmazeuten immer wichtiger wird“, so Schulz-Asche.
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