Urteilsbegründung im „Fall dm“

BMG gegen Abholstellen in Drogerien Alexander Müller, 30.04.2008 15:34 Uhr

Berlin - 

Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hat sich im „Fall dm“ auf eine weite Auslegung des Versandhandels berufen. Die Richter hatten am 13. März in letzter Instanz die Kooperation der Drogeriemarktkette dm mit einer niederländischen Versandapotheke für rechtmäßig erklärt. Das BVerwG bestätigte jetzt in seiner Begründung die Auffassung des Oberverwaltungsgerichts (OVG) Münster aus dem Jahr 2006.

Im Einvernehmen mit dem Bundesgesundheitsministerium (BMG) hat sich auch der Vertreter des Bundesinteresses im Verfahren geäußert. Er gab zu bedenken, dass Arzneimittel „Waren mit besonderem Charakter“ seien, heißt es in der Urteilsbegründung, die APOTHEKE ADHOC vorliegt. Die aus seiner Sicht unerlässliche Beratung durch pharmazeutisch geschultes Personal könne den Kunden als unnötig erscheinen, wenn Arzneimittel zwischen Gegenständen des täglichen Bedarfs, Lebensmitteln und Genussmitteln erworben werden könnten. Zudem sei die „Arzneimittelsicherheit gefährdet und ein zweckwidriger Anstieg des Arzneimittelkonsums zu befürchten“. Eine ungeregelte Ausweitung der Vertriebswege, etwa bei der Unterhaltung von Rezeptsammelstellen in Gewerbebetrieben, werde auch beim BMG als „sehr bedenklich“ angesehen. Eine Anfrage von APOTHEKE ADHOC beim Ministerium blieb bislang unbeantwortet.

Die Verwaltungsrichter ließen das Argument des Regierungsvertreters allerdings nicht gelten: Immerhin habe dm in den Filialen ein Beratungstelefon eingerichtet. Der Gesetzgeber habe die Inanspruchnahme einer Beratung bewusst in die freie Entscheidung der Patienten gestellt. Das Urteil bedeute aber nicht, „dass jede beliebige Form der Beteiligung eines Drogeriemarktes am Arzneimittelvertrieb durch den Begriff des Versandhandels gedeckt wäre“. Dritte dürften im Arzneimittelgeschäft grundsätzlich nur eine Transportfunktion übernehmen.

Abholstationen in Drogeriemärkten entsprechen jedoch laut BVerwG den Bestimmungen zum Versandhandel. Aus Sicht der Richter sind Sammelbesteller seit jeher ein typisches Element des Versandhandels. Eine weite Auslegung des Begriffs sei sogar im Sinne des Verbraucherschutzes und der Arzneimittelsicherheit, da die Abholung sicherer sei als eine Zustellung. Zudem ließen sich Einsparungen als originärer Sinn und Zweck des Versandhandels mit Abholstationen ebenfalls besser erschließen. Die Verwaltungsrichter bekräftigen zudem in ihrem Urteil die Auffassung der Bundesregierung, wonach die niederländischen Sicherheitsstandards im Versandhandel mit den deutschen Bestimmungen vergleichbar seien.