BMG: Apotheken geht es nicht schlecht Patrick Hollstein, 05.06.2023 11:34 Uhr
Der Protesttag der Apotheken in der kommenden Woche wird auch in der Politik wahrgenommen. Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) hat jetzt Journalistinnen und Journalisten für die Berichterstattung mit einem „Faktenblatt“ versorgt. Fazit: Den Apotheken geht es nicht schlecht.
Laut BMG ergibt sich aus der Faktenlage:
- dass das Einkommen der Apothekerinnen und Apotheker in den vergangenen Jahren „überdurchschnittlich gestiegen“ ist. „Allein 2021 verzeichneten die Apotheken einen Mehrumsatz von circa 2,5 Milliarden Euro (4 Prozent).“
- dass der Absatz von Arzneimittelpackungen im vergangenen Jahr „deutlich“ (um circa 9 Prozent) auf 1,4 Milliarden Packungen gestiegen ist.
- dass „auf mehreren Ebenen die Apothekenhonorare verbessert“ wurden: „Einführung der Nacht- und Notdienstpauschale, Einführung gesonderter Botendienstvergütung, Erhöhung der Vergütung bei der Abgabe von Betäubungsmitteln“.
- dass „laut Abda-Wirtschaftsbericht (also eigenen Angaben)“ die Einnahmeentwicklung der Apotheken „positiv“ ist: „Der Basisumsatz der Apotheken stieg zwischen 2020 und 2022 um 13 Prozent. Dazu kommen in diesen Jahren pandemiebedingte Umsätze von circa. 3,5 Milliarden Euro.“
- dass „die flächendeckende Versorgung mit Arzneimitteln gewährleistet“ ist („Iges-Gutachten“).
Hier das Faktenblatt des BMG im Wortlaut:
Situation der Apotheken 2023 – Auf einen Blick
Der Stellenwert der Apothekerinnen und Apotheker und der öffentlichen Apotheken sowie Krankenhausapotheken für die Gesundheitsversorgung, insbesondere durch die zahlreichen Patientenkontakte, Problemlösungen vor Ort und pharmazeutische Kompetenz bei der Arzneimitteltherapie, wird im Bundesministerium für Gesundheit sehr hoch eingeschätzt. Das BMG steht zu den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für Apotheken im regelmäßigen Austausch mit der Standesvertretung.
Entwicklungen im deutschen Apothekermarkt
Mehr Umsatz: Apothekerinnen und Apotheker haben in den vergangenen Jahren überdurchschnittlich verdient. Allein 2021 verzeichneten sie einen Mehrumsatz von ca. 2,5 Mrd. Euro (4 Prozent) des Gesamtumsatzes. Das hing vor allem mit den Pandemie-Leistungen zusammen. Da bei Zertifikaten, Impfstoff- und Therapeutika-Logistik kein Finanzeinsatz (nur Arbeitsleistung) erforderlich war, haben sich diese Mehrumsätze besonders stark auf das Betriebsergebnis ausgewirkt.
(Schutzmasken 2020 423 Mio € – 2021 1444 Mio €
Covid-Zertifikate 2021 492 Mio € - 2022 166 Mio €
Impfstoff-Logistik 2021 96 Mio € - 2022 58 Mio €
Covid-Impfungen und Arzneimittel 2022 19 Mio €
Zusätzlich Bürgertestungen in 2021 500 Mio € - 2022 300 Mio €)
Zahl der abgegebenen Packungen gestiegen: Der Absatz von Arzneimittelpackungen ist im vergangenen Jahr deutlich (um ca. 9 Prozent) auf 1,4 Mrd. Packungen gestiegen, nicht zuletzt im Bereich der „over the counter“-Arzneimittel (apothekenpflichtige, rezeptfreie Arzneimittel). OTC-Arzneimittel sind außerhalb der GKV nicht preisreguliert. Dies spricht für eine breite Einnahmebasis.
Faire Honorare: Auch wenn die letzte Anpassung des Fixzuschlags in der Arzneimittelpreisverordnung bereits längere Zeit zurückliegt, gab es in der Zwischenzeit eine Reihe von Maßnahmen, die das Apothekenhonorar angehoben haben. Diese waren beispielsweise die Einführung der Nacht- und Notdienstpauschale, die Einführung einer gesonderten Botendienstvergütung und die Erhöhung der Vergütung bei der Abgabe von Betäubungsmitteln. Zudem ist die Apothekenvergütung, anders als beim pharmazeutischen Großhandel, ungedeckelt, so dass über die Arzneimittelpreisverordnung steigende Arzneimittelpreise auch zu höheren Apothekeneinnahmen führen.
Mit dem Gesetz zur finanziellen Stabilisierung der Gesetzlichen Krankenversicherung werden leistungserbringerübergreifend Effizienzreserven gehoben, um das milliardenschwere Defizit der Gesetzlichen Krankenversicherung zu kompensieren. Ein Bestandteil der Maßnahmen ist die auf zwei Jahre befristete Erhöhung des Apothekenabschlags von 1,77 Euro auf 2,00 Euro je Packung eines verschreibungspflichtigen Arzneimittels. Mit Blick auf die oben geschilderten Mehreinnahmen ist diese Belastung der Apotheken verhältnismäßig.
Neue Aufgabenfelder mit neuen Verdienstmöglichkeiten: Den Apotheken wurden zuletzt neue Aufgabenfelder mit neuen Verdienstmöglichkeiten eröffnet. Dazu zählen beispielsweise die Möglichkeit der Erbringung von pharmazeutischen Dienstleistungen und bestimmter Schutzimpfungen. Beide neuen Leistungen werden extra und zusätzlich zur Arzneimittelpreisverordnung vergütet.
Nach dem am 26. April 2023 von der Abda vorgestellten Apothekenwirtschaftsbericht 2023 ist die Einnahmenentwicklung der Apotheken in den letzten Jahren positiv. So stieg der um Sars-CoV-2-Anteile bereinigte Basisumsatz der Apotheken – also insbesondere aus der Abgabe von Arzneimitteln – zwischen 2020 und 2022 auf ca. 64 Mrd. € (+ ca. 13%). Hinzu kommen für diese Jahre pandemiebedingte Umsätze von ca. 3,5 Mrd. €. Dieser positive Trend schlägt sich grundsätzlich auch in den Betriebsergebnissen nieder; moderate Einbußen gibt es hierbei – im Übrigen erstmals in den letzten zehn Jahren – im Jahr 2022, bedingt insbesondere durch höhere Personalkosten und inflationsbedingte Kostensteigerungen (u.a. Energiekosten). Letztere sind gesamtgesellschaftlich einzuordnen und wirken sich für alle Wirtschaftsbetriebe belastend aus. Dies ist der Bundesregierung bewusst, weswegen sie etwa mit Preisbremsen für Strom, Gas und Wärme umfangreiche Finanzhilfen für Unternehmen beschlossen hat.
Versorgung mit Arzneimitteln: Das Kabinett hat am 5. April den Entwurf eines „Gesetzes zur Bekämpfung von Lieferengpässen bei patentfreien Arzneimitteln und zur Verbesserung der Versorgung mit Kinderarzneimitteln" (ALBVVG) beschlossen. Ist ein Arzneimittel nicht verfügbar, dürfen Apothekerinnen und Apotheker ein wirkstoffgleiches Arzneimittel abgeben, teils ohne Rücksprache mit der verordnenden Ärztin oder dem verordnenden Arzt. Im Vergleich zur Rechtslage vor der Pandemie erhöht dies für Apotheken deutlich die Flexibilität. Für den Austausch sollen Apotheken einen Zuschlag erhalten.
Apothekendichte: Nach Auffassung des Bundesministeriums für Gesundheit ist die flächendeckende Versorgung mit Arzneimitteln derzeit gewährleistet. Das vom Bundesministerium für Gesundheit in Auftrag gegebene ökonomische Gutachten zum Apothekenmarkt des IGES kam im Jahr 2020 zu dem Schluss, dass die Erreichbarkeit von Apotheken in Deutschland grundsätzlich gut ist.
Die Entscheidung zur Eröffnung oder Schließung einer Apotheke sowie die Wahl des Standorts ist vor dem Hintergrund der in Deutschland geltenden Niederlassungsfreiheit zu betrachten und im Einzelfall zunächst unternehmerischer Art. Das Bundesministerium für Gesundheit beobachtet die Entwicklung der Apothekendichte und eventuelle Auswirkungen auf die Arzneimittelversorgung der Bevölkerung aufmerksam.
Abbau von Bürokratie: Das BMG prüft, in welchen Bereichen durch den Abbau von Bürokratie wirksame Verbesserungen für die Apotheken erreicht werden können.