Blutzuckermessgeräte

Freestyle Libre: Hubmann droht mit Kartellamt APOTHEKE ADHOC, 04.05.2015 18:16 Uhr

Berlin - 

Der Bayerische Apothekerverband (BAV) wehrt sich gegen den Direktvertrieb des High-Tech-Sensor Freestyle Libre. Verbandschef Dr. Hans-Peter Hubmann hat die Umgehung der Apotheken in einem Brief an den Hersteller Abbott scharf kritisiert. Indirekt droht der BAV-Vorsitzende mit rechtlichen Schritten und dem Bundeskartellamt.

Abbott hatte Freestyle Libre im November auf den Markt gebracht und setzt seitdem ausschließlich auf den Direktvertrieb. Die Apotheker bleiben bei der Diabetes-Versorgung außen vor. Diese unternehmerische Entscheidung des Herstellers habe „zu einer großen Verärgerung unter unseren Mitgliedern geführt“, schreibt Hubmann an die Abbott-Geschäftsführer Stefan Boll und John Coulter.

Die bislang guten Beziehungen der Apothekerschaft würden außerordentlich belastet, so der BAV. Zudem werde das Vertrauensverhältnis zwischen Patien unf Apotheke beeinträchtigt, wenn die „Rund-um-Versorgung“ von Diabetikern durch Apotheker unnötig eingeschränkt werde. „Denn zu einer optimalen Versorgung der Patienten gehört die Kenntnis der Gesamtversorgungssituation mit Arzneimitteln und Messgeräten.“

Der BAV will das Vorgehen des Herstellers nicht hinnehmen und fordert die Abbott-Spitze auf, die Beschränkung des Vertriebswegs unverzüglich aufzugeben und den Vertrieb über Apotheken umgehend zu ermöglichen. Dies müsse angesichts erster Lieferengpässe bei Freestyle Libre auch im Interesse des Unternehmens liegen, so Hubmann.

Dann wird der BAV-Chef deutlich: „Dadurch könnte sich auch eine rechtliche Überprüfung dieser Beschränkung des Vertriebsweges erübrigen.“ Denn aus Sicht des Apothekerverbands ist die Beschränkung „unter kartell- und wettbewerbsrechtlichen Aspekten durchaus problematisch“. Wegen der marktbeherrschenden Stellung habe Abbott nicht die gleichen Freiheiten im Vertrieb wie andere Unternehmen, ist der BAV überzeugt.

Zweifel hat der Apothekerverband zudem an der Rechtsmäßigkeit der Verträge mit den Kassen, etwa mit der DAK Gesundheit. Ohne dies näher auszuführen, verweist Hubmann auf die möglicherweise fehlende Rechtsgrundlage dieser Verträge im Sozialgesetzbuch V. Fraglich könnte demnach sein, ob Abbott als Leistungserbringer im Sinne des SGB durchgeht.

Hubmann wünscht sich trotz dieser leisen Drohung einen konstruktiven Dialog und „die Rückkehr zu einem partnerschaftlichen Miteinander“. Er will sich mit der Abbott-Spitze zusammensetzen. Ein Antwort des Herstellers steht noch aus.

Freestyle Libre ermöglicht das Zuckermessen mit einem diskreten Scan am Oberarm und ohne „Finger-Piks“. Die Messung erfolgt in der Zwischenzellflüssigkeit des Unterhautgewebes. Bei sich schnell ändernden Glukosespiegeln, ist jedoch eine zusätzliche Kontrolle mittels eines Blutzucker-Messgeräts erforderlich, weil die Glukosewerte in der Gewebeflüssigkeit die Blutzuckerwerte eventuell nicht genau widerspiegeln.

Die DAK-Gesundheit hatte als erste Kasse für ihre Versicherten mit schwerem Diabetes das neue Verfahren zur Bestimmung des Blutzuckers ins Programm genommen. Ab Mitte des Jahres erhalten ausgewählte Patienten Freestyle Libre.

Kritik am Direktvertrieb hatte zuvor schon der Apothekerverband Duisburg/Niederrhein geäußert. Der Verband hatte sich an den Hersteller gewandt und eine Klarstellung gefordert. Schließlich sei auch die Frage der Notfallversorgung und notwendiger Beratungsleistungen in der Apotheke nicht geklärt.