Homo- und bisexuelle Männer in Deutschland können künftig leichter Blut spenden. Das sieht eine Erneuerung der Blutspende-Richtlinie der Bundesärztekammer vor, die am Montag in Kraft tritt. Die sexuelle Orientierung und die Geschlechtsidentität dürfen künftig keine Rolle mehr bei der Risikobewertung spielen, wie die Organisation am Donnerstag mitteilte. Unter anderem Schwulenverbände hatten die bisherige Praxis als diskriminierend bewertet.
„Jetzt wird das individuelle Risiko erhoben, indem nach der Anzahl der Partner und nach der Sexualpraxis gefragt wird“, sagte Johannes Oldenburg, Arzt und Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats der Bundesärztekammer, der Deutschen Presse-Agentur. Das heißt, dass auch heterosexuelle Menschen künftig konkret nach ihrer Sexualpraxis befragt werden. Ob die neue Regelung ab Montag schon in der Praxis angewendet wird, hängt einem Sprecher zufolge davon ab, wie schnell die Blutspendedienste auf den neuen Fragebogen umstellen.
Als risikoreich zählt Sexualverhalten, wenn die Gefahr, sich mit einer schweren Infektionskrankheit anzustecken, deutlich erhöht ist. Dazu gehört demnach etwa Sex mit insgesamt mehr als zwei Personen und Sex mit einer neuen Person, wenn dabei Analverkehr praktiziert wurde. Ziel der Risikoanalyse ist es, die Übertragung einer Infektion auf den Empfänger einer Blutspende möglichst zu verhindern.
Künftig darf zunächst nicht Blut spenden, wer solchen risikoreichen Sex hatte. Ausschlaggebend sind dabei die letzten vier Monate vor der Spende. Spezielle Ausschlusskriterien für Männer, die Sex mit Männern haben (MSM) und für Transmenschen fallen weg.
Bislang galt bereits als risikoreich, wenn ein Mann Sex mit einem neuen Mann hatte – unabhängig von der Sexualpraxis. Bei Sex zwischen Frau und Mann wurde bislang hingegen nur für vier Monate zurückgestellt, wer „häufig wechselnde Partnern/Partnerinnen“ hatte. Begründet wurde die Praxis mit einem besonders hohen Übertragungsrisiko für verschiedene Infektionen bei MSM.
Auslöser für die Änderung der sogenannten „Richtlinie zur Gewinnung von Blut und Blutbestandteilen und zur Anwendung von Blutprodukten“ ist ein Beschluss des Bundestags aus dem März. Ziel sei es „eine unvertretbare, medizinisch unnötige Diskriminierung“ homosexueller Männer bei Blutspenden zu beseitigen, wie es Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) nannte.
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