Wer als Apotheke Patienten in Pflegeheimen beliefert, muss in der Regel individuelle Blister herstellen. Das kann händisch passieren oder maschinell, mit eigenem Automaten oder über ein Blisterzentrum. Die Kosten übernimmt jedenfalls bislang die Apotheke. Das wollen die Blisterzentren ändern, um bundesweit ins Geschäft zu kommen.
Der Bundesverband Patientenindividueller Arzneimittelverblisterer (BPAV) will die Politik für eine Umstellung der Arzneimittelpreisverordnung gewinnen. Deshalb wurde das Marktforschungs- und Beratungsunternehmen IFH aus Köln mit einer Studie beauftragt. Das Institut hat ausgerechnet, wie viel Pflegeheime an Zeit und damit Geld sparen können, wenn das Personal Arzneimittel nicht manuell stellen muss, sondern in Blistern geliefert bekommt.
„Allein im Pflegebereich können die Apotheken - wie in der IFH-Studie nachgewiesen - ein Einsparpotential von 160 Millionen Euro erarbeiten“, sagte BPAV-Chef Hans-Werner Holdermann. „Durch die Änderung der Preisspannenverordnung, die der Verband will, können weitere 50 bis 60 Millionen eingespart werden. Allerdings kostet das Blistern natürlich auch Geld, so dass es zu einer Nettoeinsparung für das Gesundheitswesen von insgesamt 100 Millionen führen kann, wenn für alle Heimbewohner die patientenindividuelle Verblisterung eingeführt wird.“
Durch die Umstellung ließe sich Arzneimittelmüll reduzieren, argumentieren die Blisterzentren. Damit könnten 50 Prozent der Blisterkosten bezahlt werden. So könnten auch die Kassen sparen, selbst wenn sie für die Verblisterung zusätzlich bezahlen müssen.
„Einmal soll die Apothekenspanne auf tablettengenaue Abrechnung umgestellt werden. Wir haben mit dem Nachbarverband DAV 10 Cent pro Tablette und 3 Prozent Aufschlag auf den Apothekeneinkaufspreis abgesprochen“, sagte Holdermann. In den Blisterzentren könne dann tablettengenau abgerechnet werden.
Beim Deutschen Apothekerverband (DAV) allerdings ist man vom Vergütungsmodell nicht begeistert - auch gebe es bislang keine Vereinbarungen mit den Verblisterern, betont der Verband. „Es gibt keine Absprachen zwischen wem auch immer und dem Deutschen Apothekerverband über eine Honorierung“, sagte ein DAV-Sprecher. Solange es noch keine Einigungen über die Qualitätsstandards bei der Verblisterung gebe, müsse über die Honorierung nicht gesprochen werden.
Beim DAV hat man grundsätzliche Bedenken: Der Verband kann unter dem Strich keine Vorteile beim Verblistern erkennen: „Aus unserer Sicht ist industrielle Verblisterung nicht das Mittel der Wahl bei der Versorgung von Patienten“, so der DAV-Sprecher. Die Arzneimittelabgabe müsse an die Apotheke und damit an die Begleitung durch das pharmazeutische Fachpersonal gekoppelt sein. „Eine industrielle Verblisterung nimmt genau darauf keine Rücksicht, sondern setzt nur auf industrielle Effizienz. Das ist bei Arzneimitteln und Arzneimittelversorgung nicht der primäre Maßstab“, sagte der Sprecher.
Auch die Politik ist von dem Modell der Blisterzentren noch nicht überzeugt. Denn die Vergütung würde die Arzneimittelpreisverordnung in wichtigen Punkten verändern. Neben einer tablettengenauen Abrechnung fordern die Blisterzentren ein Honorar für sich - so würde im Gesetz erstmals eine Vergütung für Dritte verankert. Im Arzneimittelmarkt-Neuordnungsgesetz (AMNOG) konnten die Blisterzentren ihr Honorar nicht unterbringen. Nun wollen sie mit ihrer Lobbyarbeit einen neuen Anlauf nehmen.
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