BKK: Lauterbach-Reformen kosten Milliarden Lilith Teusch, 06.08.2024 10:47 Uhr
Der Ausgabenanstieg bei den Krankenkassen schreitet schneller voran als noch im vergangenen Jahr angenommen. Nach Angaben des BKK-Dachverbandes schlossen die Kassen das vergangene Jahr mit einem Defizit von 1,9 Milliarden Euro ab. Auch im ersten Quartal sind die Ausgaben weiter gestiegen – diese Steigerungen müssten durch Beitragserhöhungen kompensiert werden, warnt der BKK-Verband. Finanzstabilisierende Maßnahmen aus dem Koalitionsvertrag müssten endlich umgesetzt werden.
„Die Schnelligkeit, mit der Prognosen über den Haufen geworfen werden müssen, und die aktuelle massive Spreizung der Zusatzbeitragssätze zeigen die entfesselte Ausgabendynamik in der GKV“, erklärt Anne-Kathrin Klemm, Vorständin des BKK-Dachverbands. Für 2024 sei mit Ausgabensteigerungen von mindestens 6,5 Prozent zu rechnen. Aktuell zeichne sich ein kostendeckender Zusatzbeitrag von über 1,9 Prozent ab – erwartet wurden 1,7 Prozent. Die Differenz entspreche mehr als 4 Milliarden Euro, so die BKK.
Explodierende Zusatzbeitragssätze ab 2025
Der BKK-Dachverband warnt, dass geplante kostenträchtige Gesetze den Druck auf den Zusatzbeitragssatz erhöhen werden, da sie nach 2025 ihre volle Kostenwirkung entfalten. „Bereits für 2025 rechnen wir mit einem Zusatzbeitragssatz von mindestens 2,2 Prozent, ohne dass Gesetzeswirkungen und weitere mögliche Ausgabenrisiken betrachtet werden. Nach 2025 wird der Zusatzbeitragssatz regelrecht explodieren, wenn nicht gegengesteuert wird“, appelliert die BKK.
Durch das Abschmelzen der Vermögen inklusive Ausgabensteigerung seien bei vielen Kassen kaum noch Reserven vorhanden. Im Schnitt läge das Vermögen der Kassen nur noch knapp über den gesetzlichen Mindestreserven. Auch die Reserve des Gesundheitsfonds nehme weiter drastisch ab. Viele Kassen hätten wegen der fehlenden Reserven auch unterjährig den Zusatzbeitragssatz anheben müssen. Dadurch liege die Bandbreite der Zusatzbeitragssätze nun zwischen 0,7 und 3,3 Prozent. Dadurch hätten einige Kassen einen Puffer bilden können, der ihnen nun einen Wettbewerbsvorteil verschaffe.
„Der geplante Rücklagenabbau bei den Kassen und immer weitere, teure Gesetze tun ein Übriges dazu, dass keine Ruhe in die GKV-Finanzierung kommt. Der unterschiedliche Umgang der Kassen mit der Bildung von Puffern und Rücklagen verzerrt die GKV-Finanzsituation zusätzlich“, erklärt Klemm. Die Höhe des Zusatzbeitragssatzes bilde nicht die Finanzsituation einer Kasse ab, warnt die Vorständin.
Reformen gegen steigende Beitragssätze
Für die Versicherten bedeute dies Unsicherheit, da unklar ist, wie stark die Beiträge noch steigen werden. Auch die Arbeitgeber und damit die deutsche Wirtschaft würden unter unkontrolliert steigenden Beitragssätzen leiden.
„Es ist höchste Zeit, dass gegengesteuert wird. Die Bundesregierung muss jetzt ihre Versprechen aus dem Koalitionsvertrag einlösen. Versicherungsfremde Leistungen dürfen nicht weiter den Beitragszahlern aufgebürdet werden. Zudem braucht es echte Reformen, die die Effizienzreserven in unserem Gesundheitssystem heben, statt immer höhere Kosten zu produzieren“, fordert Klemm.