Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) hat den durchschnittlichen Zusatzbeitragssatz in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) für 2024 auf 1,7 Prozent festgelegt – eine Erhöhung um 0,1 Prozentpunkte, so wie vom Schätzerkreises vorgeschlagen. Kritik kommt von den Kassen, die stattdessen Strukturreformen fordern. Die BKKen würden gerne die teuren Praxen ersetzen.
Die Schätzung beruhe allein auf den bereits für 2024 bekannten Ausgabenposten. „Neue Ausgabenrisiken, wie die Gesetzgebung rund um die Krankenhausreform, wurden dagegen nicht eingepreist“, so Ulrike Elsner vom Ersatzkassenverband VdEK. „Die aktuelle Debatte zur Krankenhausreform macht deutlich, dass hier vermutlich Mehrausgaben in Milliardenhöhe auf die GKV zukommen. Entgegen der Vorgabe aus dem GKV-Finanzstabilisierungsgesetz 2022 liegt nach wie vor kein Konzept zur langfristigen Stärkung der GKV vor.“
Staatlich zu verantwortende Ausgabenrisiken Jahr für Jahr auf die Beitragszahlerinnen und Beitragszahler abzuwälzen, widerspreche den im Koalitionsvertrag der Ampelregierung selbstgesteckten Zielen, so Elsner. „Die Koalition ist weiterhin gefordert, ihre angekündigten Maßnahmen – die Dynamisierung des Bundeszuschusses sowie die Refinanzierung der Ausgaben für Empfängerinnen und Empfänger von Bürgergeld aus Steuermitteln – rasch umzusetzen.“
Anne Kathrin Klemm vom BKK-Dachverband sieht ebenfalls aufgrund von Gesetzesvorhaben erhebliche Mehrausgaben auf die Kassen zukommen. „Und der demografische Wandel, der medizinisch-technische Fortschritt und als Folge daraus ein wachsendes strukturelles Defizit bleiben Tatsachen, vor denen wir uns nicht wegducken können. Die GKV braucht daher dringender denn je ein stabiles, finanzielles Fundament, um längst überfällige Strukturreformen anzugehen.“
Klemm fordert „echte Versorgungsverbesserungen mit einer Veränderung der Versorgungsstrukturen wie zum Beispiel der Einführung von Primärversorgungszentren in unterversorgten Regionen, mehr Telemedizin oder Patientenlotsen“. Dadurch könnten auch Effizienzreserven gehoben werden.
Nicht im Koalitionsvertrag enthalten, aber gleichwohl sachgerecht wäre die Senkung des Mehrwertsteuersatzes von Arzneimitteln und Hilfsmitteln auf 7 Prozent. Damit ließe sich eine Entlastung von 6 Milliarden Euro realisieren, so Klemm. Und auch der erhöhte Herstellerabschlag für Arzneimittel sollte aus ihrer Sicht erhalten werden, um eine weitere, dauerhafte Ausgabenentlastung von rund 1,4 Milliarden Euro zu bringen.
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