An der Homöopathie scheiden sich die Geister. Für neuen Auftrieb der Diskussion um Globuli & Co. dürfte jetzt die Entscheidung der BKK Melitta Plus sorgen, aus dem Homöopathievertrag mit den Ärzten auszusteigen. Die Kasse erstattet ihren Versicherten zwar weiterhin homöopathische Arzneimittel, will die Ärzte aber für homöopathsiche Beratung nicht mehr extra honorieren.
Man habe den Homöopathievertrag zum Jahresende gekündigt, weil die „wesentlichen Ziele“ nicht erreicht wurden, teilte die Kasse zur Begründung mit. Die Behandlung der Versicherten sollte eigentlich qualitativ verbessert und die Wirtschaftlichkeit der ärztlichen Versorgung erhöht werden. Zu Details wollte ein Sprecher keine Angaben machen. Die BKK-Versicherten hätten die Homöopathie nicht als einen „ganzheitlichen Therapieansatz“ wahrgenommen und genutzt.
Die Versicherten seien ohnedies überwiegend von Hausärzten oder Allgemeinmedizinern mit der Zusatzbezeichnung Homöopathie oder dem Homöopathie-Diplom des Deuschen Zentralvereins für homöopatische Ärzte (DZVhÄ) betreut worden und könnten sich weiterhin dort behandeln lassen, rechtfertigt die Kasse die Kündigung. „Lediglich die zusätzlichen Kosten der homöopathischen Behandlung werden durch die BKK Melitta Plus nicht mehr übernommen“, so die Kasse. Auf die „reguläre“ ärztliche Behandlung habe diese Vertragskündigung daher keinen Einfluss.
Die BKK will ihren Versicherten zudem apothekenpflichtige alternative Arzneimitteln bis zu maximal 100 Euro pro Kalenderjahr erstatten: „Es handelt sich hierbei um eine BKK-Satzungsleistung.“ Allerdings könnte sich auch dies demnächst ändern: „Hierzu erfolgt jedoch aktuell eine Bewertung, die noch nicht abgeschlossen ist.“
Laut DZVhÄ ist die BKK Melitta die einzige Kasse, die aus dem Vertrag zum Jahresende austeigt. „Dass es eine Fluktuation bei den teilnehmenden Kassen gibt, ist in diesem Kontext völlig normal. Die BKK Melitta plus verabschiedet sich mit dieser Kündigung auch nicht grundsätzlich von der Homöopathie, sondern sucht ein anderes Vertragsformat“, nimmt der Verband den Vorgang gelassen.
Neben dem DZVhÄ schließe beispielsweise auch die Kassenärztliche Bundesvereinigungen (KBV) Homöopathieverträge mit den Krankenkassen ab. Aktuell erstatten laut DZVhÄ etwa zwei Drittel aller Kassen – rund 80 Kostenträger – in Deutschland die Behandlungskosten beim homöopathischen Arzt über Selektivverträge ohne Zuzahlung des Patienten. Die Erstattung gelte nur für die ärztliche Homöopathie und müsse von einem Mediziner ausgeführt werden, der eine von den Ärztekammern verliehene „Zusatzbezeichnung Homöopathie“ oder das „Homöopathie-Diplom des DZVhÄ“ führe und entsprechend ausgebildet sei. Außerdem gebe es auch regional begrenzte Vereinbarungen zu Homöopathie auf Ebene der jeweiligen Kassenärztlichen Vereinigungen, zum Beispiel mit der AOK Plus in Sachsen und Thüringen. Auch in zahlreichen Verträgen zur hausarztzentrierten Versorgung sei Homöopathie ausdrücklich Teil der Leistung.
Auch wirtschaftlich dürfte die Kündigung der BKK Melitta die Ärzte nicht wirklich treffen. Die BKK Melitta ist eine kleine Kasse mit nur 52.000 Versicherten. Versichern können sich nur Personen mit Wohn- oder Beschäftigungsort in Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Baden- Württemberg, Berlin und Bremen.
Wie emotional aufgeladen das Thema Homöopathie ist, erlebte die Techniker Krankenkasse (TK) erst in diesem Frühjahr: Mit einem unglücklichen Tweet provozierte die Kasse einen regelrechten Shitstorm. Ein Nutzer wollte bei Twitter wissen: „Liebe Techniker, können Sie mir als Versichertem saubere, wissenschaftliche Studien nennen, die die Wirksamkeit von Homöopathie belegen?“
Die Kasse antwortete mit einer Gegenfrage: „Lieber @IlloSZ, können Sie uns saubere, wissenschaftliche Studien nennen, die die Nicht-Wirksamkeit von Homöopathie belegen?“ Viele Nutzer in den sozialen Medien kritisierten daraufhin, dass die Kasse Leistungen bezahle, deren Wirkung nicht belegt sei. Und sie lieferten zahlreiche Beispiele für Präparate oder Leistungen, die sie nun auch gerne erstattet bekämen.
Daraufhin ruderte die Kasse zurück: „Wollen wir uns jetzt erst einmal alle beruhigen und dann mal in Ruhe über Homöopathie sprechen? Ja, unser Tweet von heute Nacht war nicht gut.“ Weiter hieß es in der Stellungnahme: „Es gibt viele Versicherte, die sich homöopathische Angebote wünschen, und es gibt viele Versicherte, die diese ablehnen. Das führt zu kontroversen Diskussionen.“ Es sei nun einmal ein Fakt, dass manche Versicherte sich komplementärmedizinische Angebote wünschten – in Ergänzung zur Schulmedizin. Sie setzten bei Beschwerden auf eine, gegebenenfalls begleitende, ergänzende Therapie. „Wir nehmen diese Wünsche ernst und setzen sie auf einem qualitativ hochwertigen Niveau um“, so die TK.
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