Am Donnerstag wollen die Jamaika-Unterhändler erneut über die Gesundheitspolitik der kommenden vier Jahre verhandeln. Bitkom, der Digitalverband Deutschlands, fordert von Union, FDP und Grünen eine neue Strategie zur Beschleunigung der Digitalisierung im Gesundheitswesen: „Es fehlt an Geschwindigkeit und einer Strategie, um intersektorale Kommunikation langfristig zu ermöglichen. Ein weiteres Problem sind nicht in ausreichendem Maße bereitgestellte Ressourcen für die zur Vernetzung notwendigen Investitionen“, kritisiert Bitkom-Gesundheitsexpertin Julia Hagen.
Die Gesundheit habe in der deutschen Gesellschaft einen außerordentlich hohen Stellenwert. „Die Digitalisierung birgt im Gesundheitsbereich große Chancen für die Prävention, Diagnose und Heilung von Krankheiten. Digitale Versorgungsangebote wie beispielsweise das Tele-Monitoring können zudem Arzt und Patient entlasten und Kosten im Gesundheitssystem senken“, so Hagen weiter. Mit dem E-Health-Gesetz sei ein bereits ein wichtiger Grundstein für die Digitalisierung gelegt. Bis heute seien aber noch nicht alle Akteure im Gesundheitswesen in ausreichendem Maße vernetzt, um eine integrierte Gesundheitsversorgung zu ermöglichen – insbesondere im Pflegesektor besteht hier noch großes Potenzial.
Die Unternehmen im Bereich E-Health seien äußerst innovativ und wiesen eine hohe Dynamik auf. Hagen: „Es fehlt jedoch an Innovationsfreundlichkeit innerhalb des Gesundheitswesens, sodass neue Anwendungen – auch etablierte Verfahren wie Telemonitoring – noch nicht in die Regelversorgung Einzug erhalten haben.“ Der Branchenverband fordert dazu eine neue Struktur für die Gematik. Die Dominanz von Krankenkassen, Ärzten, Apothekern und Krankenhäusern verhindere rasche Fortschritte.
„Auf Basis der gemeinsamen Infrastruktur sollte die elektronische Patientenakte (ePA) zügig umgesetzt werden. Dabei sollte zwingend eine Orientierung an internationalen Standards erfolgen. Die ePA sollte als Grundlage für die Entwicklung weiterer Mehrwertanwendungen auf der Telematikinfrastruktur gesehen und mit höchster Priorität als zentrales Dokumentationsinstrument etabliert werden – auch für die Forschung“, so die Forderung der Bitkom-Expertin an die Politik.
In diesem Zusammenhang verlangt der Verband der deutschen Versandapotheken (BVDVA) von den Apothekern größere Bereitschaft zur Digitalisierung: In Baden-Württemberg seien die Ärzte mutiger und innovativer als die Apotheker. Die Landesärztekammer habe bereits ein Modellprojekt zur Telemedizin gestartet. „Hier müssen die Apotheker andocken, denn was für die Arzneimittelversorgung Effizienz ist, empfinden die Patienten als Komfort“, sagt BVDVA-Chef Christian Buse.
Deutsche Versandapotheken hätten die Digitalisierung bereits genutzt, um die Logistik und die Arzneimittelsicherheit zu optimieren. Durch das bundeseinheitliche elektronische Rezept, den elektronischen Medikationsplan und die elektronische Patientenakte (ePA) könnten die Akteure im Gesundheitswesen näher zusammenrücken und somit die Behandlungsqualität auf ein höheres Niveau bringen. „Arzt und Apotheker gilt es zum Wohl der Patienten stärker digital zu vernetzen“, so der BVDVA.
Um einen klaren Plan für die Arzneimittelversorgung zu haben, müsse der durch das EuGH-Urteil seit 2016 ungleiche Wettbewerb zwischen europäischen und deutschen Versandapotheken umgehend beendet werden. Gangbare und zukunftsfeste Lösungen stünden mit der Höchstpreisverordnung und einem Strukturfonds für ländliche Apotheken bereit. Der Strukturfonds könne effizient über den bestehenden Nacht- und Notdienstfonds abgewickelt werden. „Die Versandapotheken unterstützen die Gesundheit der Deutschen bereits mit digitalen Leistungen an den Stellen, an denen es möglich ist. Sollte ein Verbot des Rx-Versands in Deutschland zugunsten tradierter Versorgung kommen, würde ein beachtlicher Teil dieses Angebots wegfallen“, warnte Buse.
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