Biosimilars werden Generika 2.0 Nadine Tröbitscher, 22.03.2024 14:41 Uhr
Weil es nicht nur den Krankenkassen schlecht geht, sondern auch dem Staat, wie BMG-Abteilungsleiter Thomas Müller auf dem Symposium von Pro Biosimilars klarmachte, würden Potenziale genutzt. Dazu gehören auch Einsparungen bei Biologika. „Auch bei Biosimilars ist Wettbewerb nötig und Wettbewerb zeigt sich am Preis.“
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach hat ein Versprechen gemacht: keine Leistungseinschränkungen in seiner Legislatur. Also muss gespart werden. Am 15. März ist der G‑BA Beschluss zum „Austausch von biotechnologisch hergestellten biologischen Fertigarzneimitteln durch Apotheken bei parenteralen Zubereitungen zur unmittelbaren ärztlichen Anwendung“ in Kraft getreten.
Für die Herstellung von parenteralen Zubereitungen mit biotechnologisch hergestellten Arzneimitteln sollen Apotheken wirkstoffbezogen ein preisgünstiges Produkt auswählen. Liegt ein Rabattvertrag vor, ist die Wirtschaftlichkeit gegeben und es muss kein weiterer Kostenvergleich stattfinden. Liegt kein Rabattvertrag für das Biologikum vor, kommt die Hilfstaxe zum Tragen. Ein Austausch auf ein preisgünstigeres Produkt setzt voraus, dass das verordnete Präparat mit dem von der Apotheke verarbeiteten Fertigarzneimittel mindestens in denselben Applikationsarten sowie einem Anwendungsgebiet übereinstimmt. Eine Ersetzung kann laut Gemeinsamem Bundesausschuss (G-BA) grundsätzlich im Verhältnis eines Referenzarzneimittels zu seinen Biosimilars sowie zwischen Biosimilars untereinander erfolgen. Allerdings nur, wenn diese mit Bezug auf dasselbe Referenzarzneimittel zugelassen sind. Hier kommt die Anlage VIIa der Arzneimittel-Richtlinie ins Spiel.
Doch es gibt Kritik. „Der Beschluss ist wirklich handwerklich schlecht gemacht“, so Dr. Christopher Kirsch, Head Market Access, Sandoz Deutschland/Hexal AG und stellvertretender Vorsitzender der AG Pro Biosimilars. Fragen, die auf dem Tisch des G-BA lagen, wurden nicht beantwortet. So habe der G-BA beispielsweise die Wirkstoffdefinition nicht geliefert. Und was heißt eigentlich preisgünstig?
Patient:innen und Leistungserbringer werden das Nachsehen haben, ist sich Kirsch sicher. „Es gibt keinen Vertrag, sondern nur einen Beschluss, der schwammig vom G-BA kommt.“ Es gibt keine Friedenspflicht, keine Übergangsregelung. „Es bleibt bedauerlich, dass wir Biologika in ein System gießen, das bei Generika nicht funktioniert.“
Eine Konsolidierung in den Märkten wird die Versorgungssicherheit verschlechtern. Denn die Eintrittshürden für die Hersteller sind hoch. Die Entwicklungskosten von Biosimilars sind 30-Mal höher als bei Generika, gibt Kirsch zu bedenken. „Die Produkte haben keine wirkliche Standortflexibilität.“ Aber auch keine Produktionsflexibilität und keine Lieferflexibilität. Hinzukommt, dass die Betriebskostennachteile bei Biosimilars höher sind als bei Generika. Der Grund: Die Produktion ist extrem energie- und personalintensiv. „Wir befördern ein Modell, das zwangläufig dafür sorgt, dass der günstigste Anbieter nicht mehr in Europa ist. Die Politik ist gefordert, neue Balance zu finden“, so Kirsch. Für Kirsch heißt Balance: Rabattvertrag oder Hilfstaxe, nicht beides parallel.
Laut Müller ist der Markt der Biologika ein technologisch anspruchsvoller Markt, der im Moment Europa favorisiert. Bei Generika seien starke Skaleneffekte sichtbar. Bei Biologika seien noch ganz andere Preise drin, man sei noch nicht bei 10 Cent pro Dosis. „Wir werden keine Tropikaner aufbauen mit einem Gewächshaus, mit dem wir Wirtschaft subventionieren.“