Eltern kaufen weiter in der Apotheke im Ort Lothar Klein, 22.11.2016 09:09 Uhr
341,33 Euro hat die Grundschule der 5000-Seelen-Gemeinde Ahlten in Niedersachsen inzwischen über das Internet-Spendenportal bildungsspender.de gesammelt. Auf der letzten Elternversammlung haben die Initiatoren noch einmal ausführlich über das Projekt diskutiert. Denn schaden wollen sie dem örtlichen Handel und der einzigen Apotheke am Ort keineswegs. Trotz Kritik halten sie aber am Spendenportal fest – nur wollen sie weiterhin keine Arzneimittel im Internet bestellen.
Rund 150 Käufe wurden zu Gunsten der Grundschule Ahlten über „bildungsspender.de“ seit Februar abgewickelt. Bahntickets wurden bestellt, bei Otto und Amazon eingekauft, aber es wurde kein einziges Arzneimittel bei einer der Versandapotheke geordert. Daher war man sich auf der Elternversammlung rasch einig: „Wir machen weiter. Es kommt keiner von uns auf die Idee, Arzneimittel im Internet zu bestellen. Dazu gehen wir in die Apotheke am Ort“, so die Elternvertreterin. „Lasst mal gut sein, wir lassen das weiterlaufen.“
Auch mit der Apothekerin am Ort hat die Elternvertreterin über die Spendenaktion gesprochen. Die war bereits über das Spendenportal und die Weiterleitung zu Internet-Apotheken informiert. Da aber keine Onlinebestellungen ihr Geschäft beeinträchtigt haben, gab es keinen Konflikt. Man will weiter im Gespräch bleiben.
Auch Alexander Klement, Geschäftsführer von bildungsspende.de, will dem Eindruck entgegentreten, er schade dem lokalen Handel: Es sei zwar richtig, dass man nicht in die Apotheke vor Ort gehen und dort die Vergütung erhalten könne, die dem Verein zufließe. Aber es seien auch Online-Auftritte dabei, die von Vor-Ort-Apotheken geführt würden. „Hier steht es jeder Apotheke vor Ort frei, ebenfalls einen Online-Shop neben dem Laden vor Ort zu betreiben“, sieht Klement die Lage.
Außerdem habe er schon mehrere Versuche unternommen, den lokalen Einzelhandel in sein Spendenportal einzubeziehen und dabei Geld für die Einrichtung der Infrastruktur verloren. Klement: „Leider stieß das dann nicht auf Interesse bei den Händlern vor Ort.“
Um den Spendenaufruf der Grundschule Ahlten zu unterstützen, hatte die örtliche SPD auf das Projekt auf ihrer Facebookseite Aufmerksam gemacht. Über bilungsspender.de werden Käufer zu diversen Online-Shops geleitet. Den 1700 Versandhändlern, darunter 31 Apotheken und Drogerien, stehen mehr als 7100 gemeinnützige Organisationen gegenüber, die bei einem Einkauf einen Teil des Umsatzes als Spende erhalten.
„Die SPD Ahlten unterstützt den sogenannten ‚Bildungsspender‘, der auf Initiative des Fördervereins der Grundschule Ahlten eingerichtet wurde. Durch Ihren Einkauf auf zum Beispiel Amazon, DocMorris oder Otto etc. spenden die Händler direkt an den Förderverein der Grundschule Ahlten. Damit können viele Projekte der Schule stärker unterstützt werden. Wir finden, das ist eine tolle Sache“, postete die SPD Ahlten auf ihrer Facebook-Seite. Nach Angaben von Klement gehört Amazon inzwischen nicht mehr zu den Partnern.
Die Berliner Apothekerin Kerstin Kemmritz ärgerte sich über solche unbedachten Spendenaktionen: „Buy local“, postete sie als Reaktion bei Facebook zurück: „Gerade bei einer Schule wäre mehr Bildung schön. Erst denken, dann handeln!“
Formal läuft das Geschäft so ab: Bildungsspender.de erhält von den Shops eine Vermittlungsprovision für den Einkauf. „Hiervon behalten wir in der Regel 10 Prozent ein. 90 Prozent erhält der Einkäufer quasi als Rückvergütung. Diesen Betrag kann er sich allerdings nicht auszahlen lassen, er entscheidet bereits vor seinem Einkauf im Shop, an welche Einrichtung er den zur Verfügung stehenden Betrag spenden möchte. Diese Spende ist gleichzusetzen mit dem Klingelbeutel in der Kirche oder der Spendendose. Eine Spendenquittung können wir hierfür leider nicht ausstellen“, heißt es auf der Internetseite.
Insgesamt hat bildungsspender.de seit dem Start im Jahr 2009 auf diese Weise 5,4 Millionen Euro Spenden eingesammelt. Los ging es vor sieben Jahren mit Schulen und Kindergärten, weil der Betreiber über seine Kinder auf die notorische Unterfinanzierung der Einrichtungen aufmerksam wurde. Inzwischen können sich alle gemeinnützigen Organisationen mit steuerbefreiender Spendenberechtigung wie Sportvereine, Umweltschutzvereine und Tierschutzvereine beteiligen. Partner wie DocMorris müssen sich nicht extra bei Bildungsspender.de bewerben und anmelden. Der Betreiber der Spendenseite ist selbst auf die Versandapotheken zugegangen und hat eine Beteiligung angefragt.