Urteil zu Fernbehandlung

BGH zieht enge Grenzen für Onlineärzte

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Berlin -

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat die Werbung für eine Fernbehandlung per App eingeschränkt. Die Karlsruher Richter sahen in dem pauschalen Angebot einer privaten Krankenversicherung einen Verstoß gegen das Heilmittelwerbegesetz (HWG).

Die Versicherung hat laut Mitteilung des BGH für die „Erkennung und Behandlung von Krankheiten geworben, die nicht auf eigener Wahrnehmung an dem zu behandelnden Menschen beruht“. Eine eigene Wahrnehmung im Sinne dieser Vorschrift setze aber voraus, dass der Arzt den Patienten nicht nur sehen und hören, sondern auch – etwa durch Abtasten, Abklopfen oder Abhören oder mit medizinisch-technischen Hilfsmitteln wie beispielsweise Ultraschall – untersuchen kann. „Das erfordert die gleichzeitige physische Präsenz von Arzt und Patient und ist im Rahmen einer Videosprechstunde nicht möglich“, so der BGH.

In der neuen Fassung des § 9 Satz 2 HWG sei das Verbot zwar nicht auf die Werbung für Fernbehandlungen anzuwenden, die unter Verwendung von Kommunikationsmedien wie etwa Apps erfolgen. Das gilt laut BGH aber nur, wenn nach allgemein anerkannten fachlichen Standards ein persönlicher ärztlicher Kontakt mit dem zu behandelnden Menschen nicht erforderlich ist. Dies sahen die Richter hier nicht als erfüllt an.

Mit den allgemein anerkannten fachlichen Standards seien nicht die Regelungen des für den behandelnden Arzt geltenden Berufsrechts gemeint. Es kommt daher nicht darauf an, ob die beworbene Fernbehandlung den Ärzten in der Schweiz schon seit Jahren erlaubt ist.

Die Versicherung habe für eine umfassende, nicht auf bestimmte Krankheiten oder Beschwerden beschränkte ärztliche Primärversorgung (Diagnose, Therapieempfehlung, Krankschreibung) im Wege der Fernbehandlung geworben. Das Oberlandesgericht München (OLG) hatte in zweiter Instanz nicht festgestellt, dass eine solche umfassende Fernbehandlung den zum Zeitpunkt der Behandlung bestehenden, allgemeinen fachlichen Standards entspricht. Die beanstandete Werbung sei damit unzulässig.

Die private Krankenversicherung hatte auf ihrer Internetseite unter anderem mit der Aussage „Erhalte erstmals in Deutschland Diagnosen, Therapieempfehlung und Krankschreibung per App“ geworben. Die Wettbewerbszentrale hatte darin einen Verstoß gegen Verbot der Werbung für Fernbehandlungen gesehen. Das Landgericht München I hatte der Klage stattgegeben. Im Laufe des Berufungsverfahrens vor dem OLG war § 9 HWG mit Wirkung zum 19. Dezember 2019 ergänzt worden. Trotzdem hatte das OLG die Berufung zurückgewiesen. Auch das Revisionsverfahren vor dem BGH ging für die Klägerin nun verloren.

In einem ähnlichen Verfahren hatte das Landgericht Köln (LG) Shop Apotheke untersagt, Patient:innen an den Telemedizinanbieter Zava zuzuweisen. Die Apothekerkammern Nordrhein und Westfalen-Lippe hatten gegen die Zusammenarbeit geklagt. Auch hier hatten die Richter in Zweifel gezogen, dass die angebotenen telemedizinische Dienstleistungen den anerkannten fachlichem medizinischen Standards genügten: „Denn im Grundsatz gehört zu jeder Behandlung nach allgemeinen fachlichen Standards eine Basisuntersuchung, zu der in der Regel Funktionsprüfungen und Besichtigungen des Körpers sowie ggf. der Erhebung weiterer Laborwerte gehören. Dies alles ist im Rahmen der von Zava angebotenen Fernbehandlung nicht möglich.“

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