Der Bundesgerichtshof (BGH) hat die Chancen für Schadenersatzklagen wegen der Nebenwirkungen des umstrittenen Schmerzmittels Vioxx (Rofecoxib) verbessert. In einem am Dienstag veröffentlichten Beschluss entschied das Karlsruher Gericht, dass keine zu hohen Anforderungen an die Darlegungen der Patienten im Prozess gestellt werden dürfen, die sich durch Vioxx geschädigt sehen. Andernfalls liefen die Vorschriften über die Arzneimittelhaftung ins Leere. Das Medikament war 2004 vom Markt genommen worden.
Damit hob der BGH ein Urteil des Kammergerichts Berlin auf, das im November 2007 die Klage einer Patientin gegen die Firma MSD Sharp & Dohme abgewiesen hatte, Tochter des US-Konzerns Merck & Co. Die Frau hatte mehr als vier Jahre lang Vioxx eingenommen und führt darauf eine Herzerkrankung zurück.
Laut BGH kann sich die Klägerin auf eine gesetzliche Beweiserleichterung berufen; das hatte das Kammergericht abgelehnt. Danach muss nur bewiesen werden, dass ein Mittel nach der Dauer der Einnahme und der Dosierung im konkreten Fall „geeignet“ ist, solche Nebenwirkungen auszulösen - ein kompletter Nachweis ist nicht erforderlich. „Die BGH-Entscheidung ist ein Riesenfortschritt für die Patienten“, sagte Kläger-Anwalt Jörg Heynemann. Nun müssten die Gerichte selbst den Sachverhalt ermitteln und entsprechende Krankenunterlagen beiziehen. Das Kammergericht, das die Darlegungen der Klägerin für unzureichend hielt, muss nun erneut entscheiden.
Der Verkauf des Schmerzmittels, einst ein Kassenschlager von Merck, war 2004 eingestellt worden, weil einer Studie zufolge bei einer Einnahme von mehr als 18 Monaten ein erhöhtes Herzproblem-Risiko bestand. In den USA hatte sich der Vioxx-Hersteller Merck & Co vergangenes Jahr mit einem Großteil der Kläger auf eine Milliarden-Entschädigung geeinigt.
Nach Heynemanns Angaben haben bundesweit rund 200 Betroffene gegen das Unternehmen geklagt. In 50 Fällen seien bisher Urteile gefällt worden - durchweg gegen die Patienten. Die Gerichte hätten beanstandet, dass die Kläger die Vioxx-Einnahme oder die behauptete Erkrankung nicht hinreichend nachgewiesen hätten.
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