BGH: Kein Zwangsabschlag bei Lifestyle-Medikamenten APOTHEKE ADHOC, 17.05.2021 14:12 Uhr
Sogenannte Lifestyle-Medikamente dienen laut Definition der Steigerung der Lebensqualität und werden daher in der Regel nicht von den Krankenkassen übernommen. Anders sieht es im Bereich der Beihilfe und der privaten Krankenversicherung (PKV) aus. Allerdings müssen die Kostenträger hier auf den Herstellerrabatt verzichten, hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden.
Laut § 34 Sozialgesetzbuch (SGB V) kommen die Kassen nicht für Arzneimittel auf, bei denen eine Erhöhung der Lebensqualität im Vordergrund steht. In der Anlage II der Arzneimittel-Richtlinie (AM-RL) sind diese Medikamente nach Wirkstoffen gegliedert aufgeführt, dazu gehören unter anderem Mittel zur Gewichtsreduktion, Nikotinersatzpräparate, Präparate bei sexueller Dysfunktion und Mittel zur Verbesserung des Aussehens. Im Normalfall übernimmt die Kasse die Kosten für solch eine Behandlung nicht – nur in gewissen Fällen ist ein Antrag auf Kostenübernahme erfolgsversprechend.
Privatversicherte oder Empfänger von Beihilfe kommen demgegenüber häufiger in den Genuss von Medikamenten, die im GKV-Leistungskatalog nicht enthalten sind. Daher stellte sich die Frage, wie in solchen Fällen mit dem Herstellerrabatt umzugehen ist. Ein Unternehmen klagte gegen eine private Krankenversicherung, um feststellen zu lassen, dass es nicht zur Zahlung des Zwangsabschlags verpflichtet ist.
Dem gaben die Gerichte in allen Instanzen recht, nun auch der BGH. Laut Gesetz über Rabatte für Arzneimittel (AMRabG) haben die Hersteller auch im Bereich der PKV die Abschläge entsprechend § 130a Sozialgesetzbuch (SGB V) zu gewähren. Daraus folgt aber laut Urteil, dass der Anspruch nur für Arzneimittel besteht, die auch zu Lasten der Krankenkassen abgegeben werden können.
Neben dem Wortlaut spreche auch der Wille des Gesetzgebers dafür, nach dem es für die beiden Krankenversicherungssysteme keine unterschiedlichen Kostendämpfungssysteme geben solle. Vielmehr habe der Gesetzgeber ausdrücklich betont, dass es „bei einem verordneten Arzneimittel eine Leistungsdifferenzierung nach dem Versichertenstatus [...] nicht geben“ könne, sodass mit Einführung des Zwangsabschlags für den PKV-Bereich laut BGH ein „weitgehender Gleichlauf zu der bereits bestehenden Rabattpflicht gegenüber den gesetzlichen Krankenkassen hergestellt werden sollte“.
Dass im GKV-Bereich in bestimmten Fällen auch für nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel ein Anspruch auf den Zwangsabschlag bestehe, sei eine „Ausnahmeregelung, die den grundsätzlich intendierten Gleichlauf der Rabattpflicht nicht in Frage stellt“. Ähnlich seien die Sonderfälle im Zusammenhang mit dem Festbetrag zu bewerten. Auch alle anderen Argumente wiesen die Richter ab.