Preisbindung

BGH-Boni-Urteil: Das sagen die Kunden APOTHEKE ADHOC, 08.06.2019 08:20 Uhr

Berlin - 

Das Rx-Boni-Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) erregt nicht nur die Apothekerschaft: Auch der Ottonormal-Bürger ist vielerorts befremdet – wenn auch aus unterschiedlichen Gründen. Wir haben uns in den Kommentarspalten umgesehen und die bemerkenswertesten Statements zusammengestellt.

Apotheken, die ihren Kunden bei der Abgabe von Rx-Arzneimitteln kleine Aufmerksamkeiten mitgeben, verstoßen damit gegen das Heilmittelwerbegestez. Das hat der BGH am Donnerstag entschieden. Konkret ging es in dem Fall um zwei Apotheken, die den Kunden einen Brötchen-Gutschein für die nahe Bäckerei beziehungsweise einen 1-Euro-Gutschein mitgegeben haben. Für Zeitungsleser, die sich nicht näher mit dem Apotheken- und Arzneimittelmarkt oder Themen wie der Preisbindung beschäftigen, wirkt das nicht selten absurd.

Und so sind entsprechend häufig Unmutsbekundungen zu lesen, dass sich die hohen Richter mit vermeintlichen Nebensächlichkeiten wie Ofenkrusti-Gutscheinen herumschlagen. „Dass sich hochbezahlte Richter mit solch einem Blödsinn beschäftigen, weil das eine von niemandem legitimierte 'Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs' so wünscht, ist absurd. Wie aus einem Loriot-Sketch“, schreibt da beispielsweise ein Leser auf der Internetseite der Zeitung Die Zeit. „Selten habe ich so eine absurde Geschichte gelesen! Ist schon eher zum Schmunzeln, wenn es nicht so traurig wäre. (...) Haben Gerichte nichts anderes zu tun?", schreibt eine andere. „Hat der BGH wirklich keine drängenderen Probleme als ein Päckchen Taschentücher?“, ein weiterer Leser. „Wieder einmal ein vollkommen irrsinniger Eingriff in das Marktgeschehen. Wird jetzt bestimmt alles besser!“

Andere wiederum zeigen sich frustriert, dass der Staat selbst solche Kleinigkeiten reguliert wie eine Packung Taschentücher oder ein paar Stück Traubenzucker, die einem der der Apotheker mitgibt. Überregulierung wird allenthalben beklagt – allerdings sind die Kommentarpalten auch voll von Missverständnissen und deren Aufklärung. Viele Leser und Kommentatoren denken offensichtlich nach der Lektüre der betreffenden Artikel, Apotheken dürften jetzt gar nichts mehr kostenlos mitgeben. Besonders häufig wird gefragt, ob es denn jetzt auch keine kostenlose Apotheken Umschau oder Medizini mehr gibt. Der Unterschied zwischen der Bedienung eines Rezepts und dem Verkauf von OTC- oder Freiwahlprodukten ist denjenigen offensichtlich entgangen. Ein User machte sich im Zeit-Forum gar die Mühe, einen Auszug aus dem Artikel mehrere male unter Kommentare zu posten, deren Verfasser den Unterschied offenbar nicht verstanden hatten. „Boah... wie oft denn noch... lesen“, stellte er dem Post einmal scheinbar frustriert voran.

Was allerdings auch vielerorts zu lesen ist: Verständnis für die Apotheken vor Ort. Entweder handelte es sich jedes mal um Apotheker und ihre Mitarbeiter, die so kommentiert haben, oder aber es hat sich rumgesprochen, dass deutsche Apotheken und ausländische Versender rechtlich ungleich behandelt werden. „Ganz tolle Idee, den Internetapotheken weiter diese kleinen Zugaben zu gestatten, sie aber den traditionellen Apotheken, die oft genug ums Überleben kämpfen, zu verbieten. Wenn hier irgendwo eine Wettbewerbsverzerrung stattfindet, dann durch dieses Urteil!“, kommentiert ein Leser. „Die deutschen Richter haben kein Kreuz. Noch nie gehabt. In Deutschland verboten, im Ausland erlaubt“, schreibt ein anderer, nachdem er die unterschiedliche Behandlung von Versendern und Präsenzapotheken krisitiert hat. „Das nennt sich Gerechtigkeit. Deutsche Justitz. Außerdem, zwei Bonbons bringen den Kapitalismus nicht zum Einsturz.“

Auf der anderen Seite gibt es allerdings auch nicht wenig Zustimmung für das Urteil. “Eine Apotheke sollte durch gute Beratung und kompetentes Personal sich positiv hervorheben. Mich hat das schon lange geärgert. Eine Apotheke ist eine Apotheke und kein Geschenkemarkt“, kommentiert ein Leser zum Beispiel. „Diese teilweise auch völlig unsinnigen und übertriebenen Geschenke müssen wir letztlich alle bezahlen über unsere Krankenkassenbeiträge. Eine Regelung die lange überfällig war und jetzt endlich wieder für einen fairen Wettbewerb sorgt.“

Zustimmung für die Entscheidung kam auch aus dem Hause ABDA. Das Urteil stärke die Arzneimittelpreisverordnung, lobte Vizepräsident Mathias Arnold: „Dies ist ein wichtiges Signal der Rechtsprechung im Hinblick auf das laufende Verfahren zum Vor-Ort-Apotheken-Stärkungsgesetz. Mit diesem Gesetz muss erreicht werden, die Gültigkeit bundeseinheitlicher Preise auch für ausländische Versender wiederherzustellen, die nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs aus dem Jahr 2016 davon abweichen können.“