Mit seiner Warnung vor unzureichend kontrollierten Wirkstoffen aus dem Ausland hat der Präsident des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), Professor Dr. Walter Schwerdtfeger, bei den Herstellern einen empfindlichen Nerv getroffen. Bevor die Politik aber, wie von Schwerdtfeger gefordert, Anreize für eine sichere Arzneimittelproduktion schaffen könne, müsse sie erst grundsätzlich umdenken, heißt es.
Wer jahrelang an der Kostenschraube drehe, brauche sich über oligopolistische oder sogar monopolistische Strukturen nicht zu wundern, sagt ein Sprecher des Bundesverbands der Pharmazeutischen Industrie (BPI). In bestimmten Bereichen sei man in dieser Situation längst angekommen, gerade in der Wirkstoffproduktion. „Wir als Hersteller haben immer davor gewarnt.“
Wenn jetzt der Ruf nach besseren Rahmenbedingungen laut werde, könne man dies nur unterstützen, so der BPI-Sprecher weiter. „Es ist aber ganz sicher kein Anreiz, ein seit 2009 geltendes Preismoratorium einfach weiterzuführen.“
Auch was die Lieferfähigkeit angehe, sei es keine Lösung, die Industrie alleine verantwortlich zu machen: „Multinationale Unternehmen entscheiden eben auch danach, wo sie einen angemessenen Erstattungsbetrag bekommen.“
Ähnlich argumentiert man beim Bundesverband der Arzneimittel-Hersteller (BAH): Es sei Aufgabe der Politik, „den Produktionsstandort Deutschland mit planbaren und wirtschaftlich auskömmlichen Rahmenbedingungen wieder attraktiver zu gestalten“, so ein Sprecher.
Allerdings müssten die für den deutschen und europäischen Markt hergestellten Wirkstoffe und Arzneimittel bereits heute rechtlich verbindlichen internationalen Standards entsprechen – unabhängig vom Produktionsland. „Die Einhaltung dieser Standards wird hierbei sowohl von den Firmen in Form von Audits als auch von den zuständigen Behörden in Form von Inspektionen überwacht.“
Schwerdtfeger hatte in einem Interview mit der „Welt“ gefordert, dass die Hersteller zumindest einen Teil ihrer Produktion, vor allem von besonders wichtigen Ausgangsstoffen, nach Europa zurückverlagern. Bisher lehnten dies fast alle Unternehmen aus Kostengründen ab. „Die Politik sollte Anreize schaffen, die die Sicherheit in der Produktion von Medikamenten stärker belohnen“, so Schwerdtfeger.
Aus seiner Sicht werden sich Mängel in der Produktion von Arzneimitteln nie vollständig ausschließen lassen. Allerdings sei in den meisten Schwellenländern, aus denen viele Hersteller ihre Ausgangsstoffe bekämen, die Prüfdichte geringer als in Europa oder den USA. „Nach den Gesetzen der Statistik ist deshalb zu erwarten, dass aus solchen Mängeln früher oder später auch ein größerer Schaden entstehen kann.“
Was die Lieferprobleme angeht, hält Schwerdtfeger die Aufregung für übertrieben. „Natürlich ist es störend, wenn ein Medikament zeitweise nicht verfügbar ist. Aber die Lieferengpässe sind bisher nicht dramatisch für die Bevölkerung. Es gab sie schon immer, und sie werden sich auch nie ganz vermeiden lassen.“ Schwerdtfeger setzt sich aber für eine Meldepflicht ein.
„Ich freue mich, dass unsere Bemühungen, die Schwierigkeiten der Lieferfähigkeit bei Arzneimitteln zu dokumentieren und die Ursachen hierfür zu benennen, bei der obersten Gesundheitsbehörde auf 'offene Ohren' gestoßen sind“, kommentierte der stellvetretende Vorsitzende des Hessischen Apothekerverbandes, Hans Rudolf Diefenbach.
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